Abschied von der "Herde"

FELL. 44 Jahre lang hat Herrmann-Josef Kirsch Gottes Wort verkündet, Sakramente gespendet und hatte manch offenes Ohr für die Belange seiner "Schäfchen". Ende des Monats wird der Seelsorger in den Ruhestand verabschiedet.

"Meine bisherige Lebensreise war abwechslungsreich und abenteuerlich", sagt Pastor Herrmann-Josef Kirsch. Nach dem Abitur in Linz am Rhein studierte das siebte von acht Kindern einer Handwerkerfamilie aus Schwalbach Theologie und Philosophie in Trier und Innsbruck. Als zehnjähriger Messdiener habe er das erste Mal daran gedacht, Priester zu werden. Die kritische Einstellung seines Vaters zu den Nazis hat die Familie oft in die Kirche geführt. Schon als Kind hat er wahrgenommen, dass Glaube Orientierung und Lebenshilfe, und "mir eine überzeugende Antwort auf die Sinnfrage gibt." Als Teenager schwebten ihm eine Ausbildung zum Industriekaufmann und ein Betriebswirtschafts-Studium vor. Er konnte sich durchaus eine bürgerliche Existenz mit Ehe und Familie vorstellen. Den Anstoß, sich wieder mit dem Beruf des Priesters auseinanderzusetzen, gab dem Pennäler sein "ausgezeichneter" Religionslehrer Bernhard Lorscheid. Endgültig entschieden habe er sich erst mit der Weihe zum Subdiakon. Dankbar ist er für die Erfahrungen, die er während seiner ersten Kaplanstelle in Neustadt-Wied machte. "Diese glückliche Zeit hat mich für die späteren Jahre sehr gefestigt", sagt Kirsch. Vom Westerwald wechselte er nach Saarbrücken zur Pfarrei St. Bonifatius. Die "Akademikerpfarrei" verließ er, um das Wort Gottes in Dudweiler zu verkünden. "Dort gehörten überwiegend Arbeiter zur Kirchengemeinde", so Kirsch. Seit 1993 ist er Pfarrer in Fell, Fastrau und Riol, in von Winzern geprägten Gemeinden. "Es war jedes Mal eine gewaltige Umstellung bis ich mich in die Mentalität der Pfarrgemeinde eingelebt hatte", sinniert Hermann-Josef Kirsch.Angelus-Läuten störte Zugezogene

Nie vergessen wird er die mit den Fastrauer Bürgern leidenschaftlich geführten Debatten mit Happy-End, als es um die Renovierung der Kirchenfenster ging. Und der "Glockenprozess" wird dem Seelsorger immer in Erinnerung bleiben. Eine zugezogene Familie fühlte sich von dem Angelus-Geläut um 6.15 Uhr gestört. Der Pfarrgemeinderat beschloss einstimmig, dass die Glocken zur gewohnten Zeit läuten sollen. Pastor Kirsch beugte sich der Mehrheit, tendierte er anfangs doch zur Nachgiebigkeit: "Es ist schließlich egal, ob die Feller um 6.15 Uhr oder um 7 Uhr zum Engel des Herrn beten." Seine Priorität sah der Priester immer in der Seelsorge: "Manchmal hätte es mehr sein können." Aber auch für die Priester falle mittlerweile sehr viel Verwaltungsarbeit an, bedauert er. Das Schöne an dem Beruf sei, dass er sowohl den Menschen als auch Gott dienen kann, beides gehöre zusammen. "Zur Botschaft des Evangeliums gibt es keine Alternative", davon ist der Geistliche felsenfest überzeugt. Die Kirche habe im Lauf seiner Dienstzeit viele Höhen und Tiefen erlebt. Die Jahre des Konzils seien die Jahre des Aufbruchs gewesen. Heute müsse sich Kirche mit einem sehr kritischen, wenn nicht gar distanzierten Meinungsspektrum auseinandersetzen. Gemeinsam mit seiner Schwester, die dem 70-Jährigen den Haushalt führt, zieht Pastor Kirsch im nächsten Monat nach Trier. "Doch Priester im Ruhestand, ist kein Priester außer Dienst." Von Mitbrüdern, die Unterstützung brauchen, wird er schon heftig umworben, um Vertretungen zu übernehmen. Die Zeit, bis ein neuer Pfarrer ins Feller Pfarrhaus einzieht, wird Hans-Edmund Kieren-Ehses, Pastor in Kenn, überbrücken. Auf die Frage, ob er sich noch einmal für den Priesterberuf entscheiden würde, antwortet Kirsch mit einem klaren "Ja".

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