Angst um die Existenz

SCHWEICH. Der Zeitrahmen ist eng: Bis 30. Juni müssen dem Land weitere Flächen gemeldet werden, die unter die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie fallen. Bei Bauern und Winzern herrschen Unmut und Unsicherheit.

Günther Schartz, der Präsident der Landwirtschaftskammer, hatte die Diskussion im Schweicher "Leinenhof" gerade für beendet erklärt, da stürzten sich die Vertreter der Landwirte und Winzer aus der Region auf Michael Altmoos (Landesamt für Umweltschutz). Der Experte, mit bester Computer-Technik ausgerüstet, war noch einmal gefragt. Besonders die Bauernvertreter aus der Eifel wollten wissen, welche Gebiete unter die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie fallen. Und das nach einer dreistündigen Diskussion und 37 Wortbeiträgen: ein deutliches Zeichen für den Informationsbedarf aber auch für die Unsicherheit bei Bauern und Winzern. "Keiner weiß, was werden wird", fasste Günther Schartz die Diskussion zusammen. Hauptvorwurf: "Es werden Gebiete unter Schutz gestellt, ohne uns vorher gefragt zu haben. Niemand weiß um mögliche Auflagen." Deswegen werde es wahrscheinlich zu der Forderung kommen, dass sämtliche landwirtschaftlich genutzten Flächen aus den FFH-Richtlinien herausgenommen werden, sagte der Kammerpräsident. "Das Land ist unsere Existenzgrundlage. Wir sind in Sorge", formulierte Schartz die Stimmung seines Berufsstandes. Hintergrund: Deutschland muss der Europäischen Union weitere FFH-Gebiete melden. Dies wurde im November 2002 beschlossen (der TV berichtete). "Man hat uns Defizite ins Stammbuch geschrieben", erläuterte Karl-Heinz Rother, Präsident des Landesamtes für Umweltschutz. "Wenn diese Defizite nicht ausgeräumt werden, sehen wir uns hier in einem Jahr wieder", führte Rother aus. Zu den 25 000 Hektar, die im Vorjahr in Rheinland-Pfalz gemeldet wurden, sollen weitere 75 000 Hektar hinzukommen. Die möglichen Gebiete wurden allerdings erst vor einigen Wochen veröffentlicht. Die Interessen der landwirtschaftlichen Nutzer müssten mit den Interessen der EU aufgewogen werden, sagte Rother. Dann werde jeder Einzelfall geklärt. Rother warb um die Mithilfe von Bauern und Winzern: "Wir sind zum gemeinsamen Erfolg verdammt. Ohne Vertrauen brauchen wir die Geschichte nicht anzufangen." Der Alltag brennt auf den Nägeln

Rother versuchte den Funktionären die Angst zu nehmen. "Sie sind in ihrer Nutzung genauso frei wie vorher. Es sei denn, es gibt schon Verordnungen", sagte er. Und in den Fällen, wo der Naturschutz, doch etwas anderes fordere, werde über Entschädigungen geredet. In diesem Zusammenhang sprach Rother mehrfach vom "Vertragsnaturschutz". Bauern und Winzer brennt der Alltag auf den Nägeln. Dürfen die Weinberge weiterhin vom Hubschrauber gespritzt werden, wenn ein schützenswerter Felsen mitten im Gelände liegt? Darf ein Landwirt an seinem Hof, der im FFH-Gebiet liegt, Veränderungen vornehmen? Darf der Bauer aus einer Wiese einen Acker machen? Nach Rothers Auskunft wird es zu diesen wie zu anderen Punkten keine Einschränkungen geben. Die Skepsis bleibt. "Wir haben Angst über den Tisch gezogen zu werden", sagte Michael Horper, Vorsitzender des Bauernverbandes Bitburg-Prüm. Ein anderer Teilnehmer fasst die Stimmungslage so zusammen: "Warum weist man überhaupt solche Gebiete aus, wenn es keine Einschränkungen gibt?"

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