Bedrohliche Situation

TRIER. Industrie und Handwerk befinden sich im "Tal der Tränen". Die Talsohle ist aber offenbar noch nicht erreicht. 2003 wird ein Pleitenrekord erwartet.

Das Thema klang provokant: "Sind die Kreisverwaltungen - und weitere regionale Behörden - ein Hindernis oder eine Hilfe für den Mittelstand?" "Der Antrag hat uns geschockt", sagte Landrat Richard Groß in der Sitzung des Kreisausschusses. Er tat dies aber mit einem Lächeln - von Existenzangst keine Spur. Hugo Kohl (FWG) begründete den Antrag seiner Fraktion: "Für den Mittelstand im Kreis Trier-Saarburg und in der Region wird die Situation zunehmend bedrohlicher. Für viele Betriebe ist eine Existenzvernichtung nicht mehr auszuschließen." Dies liege nicht nur an der "verfehlten Bundespolitik" sondern resultiere "auch aus der Randsituation in Rheinland-Pfalz und der Nachbarschaft zum steuerrechtlich attraktiven Luxemburg". Vier Experten legten ihre Erfahrungen offen. Matthias Schwalbach (Handwerkskammer) und Lothar Philippi (Industrie- und Handelskammer) nahmen die Kreisverwaltung aus der Schusslinie. Dort werde gute Arbeit geleistet und eine gute Zusammenarbeit mit den Kammern gepflegt. Heinz Herres (Regionales Aktionsbündnis PIMM) regte einen Runden Tisch mit Vertretern von Kommunen, HWK, IHK und Unternehmen an. "Von alleine wird die Wirtschaft nicht auf die Beine kommen", sagte Herres. "Wir brauchen eine gute Politik, sonst gehen die Lichter aus." Einen Ausweg aus der Misere sieht er in der Abschaffung der Umsatzsteuer. Ingo Becker (Vereinigung Trierer Unternehmer) berichtete von einer Umfrage bei 20 Firmen. Beckers nicht ganz ernst gemeintes Fazit: "Alle Behörden sind ein Hindernis und leben in alten Strukturen." Er beklagt "Kontrollen im Übermaß". Halbwegs positiv sieht Becker die Rolle der für den Mittelstand wichtigen Banken. "Wenn wir die Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken nicht hätten, läge noch viel mehr im Argen." Andere Experten sehen aber auch diese Partnerschaft nicht mehr in ungetrübtem Licht, speziell was die Kreditvergabe-Praxis betrifft. Agonie und Resignation im Handwerk

Die Nähe zu Luxemburg, da waren sich Politiker und Experten einig, hat der Region natürlich auch Vorteile gebracht. Das Land ist Arbeitsstätte für Tausende Pendler und Betätigungsfeld für viele Betriebe aus der Region. "Doch Luxemburg wird nicht immer der Ausweg sein", mahnte Matthias Schwalbach. Heinz Herres sprach von einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber Luxemburg. "Wir haben aber Glück, dass unsere Leute besser qualifiziert sind." Einige Kreisausschuss-Mitglieder plauderten aus der Praxis. Claus-Peter Feller (SPD) berichtete von der Notwendigkeit, sieben Gutachten für ein Baugebiet zu erstellen, dass seit 40 Jahren besteht und erweitert werden soll: "Das versteht man als Kommunalpolitiker nicht." Besonders schlimm ist die Situation im Handwerk: "Dort sind Agonie und Resignation festzustellen", sagte Matthias Schwalbach. Die Ursache liege zwar auf überregionaler Ebene. "Aber wir dürfen nicht sagen, dass wir nichts machen können", mahnte er Entschluss-Kraft auf regionaler Ebene an.

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