Beklemmung macht sich breit

KONZ. Eine Handvoll schwarz gekleidete Jugendliche, alltägliches Geplauder, und dann kippt die fröhliche Heiterkeit. Das Publikum in der sehr gut gefüllten Mehrzweckhalle des Gymnasiums Konz hält den Atem an, als aus der Jugendclique plötzlich Anmache und Ausgrenzung gegenüber Außenstehenden hervorbrechen.

Die Theaterwerkstatt des Gymnasiums Konz kehrt mit "Der überaus starke Willibald" nach dem gleichnamigen Werk des Jugendschriftstellers Willi Fährmann auf die Bühne zurück. Unter der Leitung von Ina Steinbrücker und Renate Eckes entstand in den vergangenen zwei Jahren ein aktuelles und brisantes Theaterstück. Gewalt, Macht, Verführung und die Kraft des Widerstandes sind die Themen, die Fährmann mit seiner Parabel vorgibt.Bezüge zur Gegenwart

Die Konzer Schülerinnen und Schüler wählten einen Zugang zu Fährmanns Stoff, der sofort einleuchtete: Neben der ursprüngli-chen Geschichte, in der ein Mäuserudel aus Angst vor der Katze in die Arme des machtgierigen "Führers" Willibald getrieben wird, "übersetzten" die Darsteller das Geschehen in der Mäusegruppe in die Gegenwart der Jugend von heute. Dazu wird das Verhalten der Mäuse in einen Zusammenhang mit der Jungenderziehung der Nationalsozialisten im Dritten Reich gesetzt. Subtil ergreift der Mäuseführer Willibald, dessen Adjutant auch noch Josef heißt, mit unerreichbaren Versprechen nach einem Leben im Paradies und dem Schüren von Angst vor einem übermächtigen Feind die Macht über eine uniformierte und unkritische Mäuseschar. Nur die anders ausse-henden "Lillimäuse" werden ausgegrenzt, und das führt letztlich zu Willibalds Fall. Denn er begeht den Fehler, die "anderen" in die Bibliothek zu schicken. Dort finden sie zwar keine Nahrung, aber Bücher. Dank der Kraft des Wortes wechseln die Mitläufer-Mäuse aus Willibalds Schreckensregime hinüber in eine Welt, in der Frieden, Verständigung und Fröhlichkeit herrschen. Das Bühnenbild mit dem Mäusehimmel voller Würste und Speck und den vielsagenden Buchtiteln in der Bibliothek, die niedlichen Mäuse unter der Knute ihres vermeintlichen Wohltäters - die Zuschauer sind gebannt. Doch das Geschehen wird immer wieder von der Bühne zurück in den Saal getragen: weg vom Guckkasten und hinein in die Realität. Dann das furiose Finale, bei dem in atemloser Hetze Meldungen über Angriffe auf in einer dichten Komposition vorgetragen werden, Beklemmung macht sich breit. Nach einer kurzen Pause prasselt der Applaus. Zum Dank für ihre Leistung erhielten alle Mitwirkenden, auch die, die im Hintergrund für einen gelungenen Theaterabend sorgten, eine Rose überreicht - aus dem Dunkel des Zuschauersaals heraus leuchtete sie weiß. Dieser Effekt war zufällig, gab Theaterpädagogin Ina Steinbrücker zu. Passte aber, denn in der Erarbeitung des Stückes stand nicht nur die Entwicklung des Bühnengeschehens im Focus. In Workshops und Projekten hatten sich die Schüler die Voraussetzungen erarbeitet, um das Theaterstück zu entwickeln und glaubwürdig auf die Bühne zu bringen.

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