Brot einräumen, Brötchen belegen

TAWERN. Elke Heidger arbeitet bereits in ihrer Bäckerei, wenn andere Frühaufsteher noch einige Stunden friedlich schlummern können. Selbst am Wochenende machen sie und ihre Bäcker sich mitten in der Nacht an die Arbeit.

"Ich bin abends so müde wie andere Leute, die morgens früh aufstehen", sagt Elke Heidger. Zu den Frühaufstehern scheint sich die 56-Jährige nicht zu zählen. Dabei ist sie schon einige Stunden auf den Beinen, wenn "Otto Normalverbraucher" seine Brötchen kaufen kommt. Um 2 Uhr beginnt für Elke Heidger der Tag. Dann macht sie die Kuchen fertig und belegt Brötchen. Die Regale im Laden und im Verkaufsmobil werden mit frischen Backwaren bestückt.Müdigkeit ist kein Thema

Klaus Auer bereitet derweil in der Backstube Brote, Brötchen und Teilchen zu, die ab 5.15 Uhr die Kunden erwarten. Bei ihm sitzt jeder Handgriff. Kein Wunder, denn er arbeitet schon seit 30 Jahren in Elke Heidgers Bäckerei. Eine Zeitspanne, in der er sich ans frühe Aufstehen gewöhnt hat: "Für mich ist es kein Problem, um zwei Uhr mit der Arbeit zu beginnen." So könne er sich nachmittags der Gartenarbeit widmen. "Ein Nachteil ist nur, dass die Fußballspiele oft spät kommen. Die kann ich dann nicht gucken." Spätestens um 21 Uhr beginnt für ihn die Nachtruhe. Müdigkeit scheint für Klaus Auer kein Thema zu sein. Die Thermoskanne vor dem Ofen lässt zwar einen koffeinhaltigen Wachmacher erahnen, doch "das ist grüner Tee mit Traubenzucker". Auch die Colaflasche von Geselle Jens Kloep ist reiner Schein. Die trinke er nur des Geschmacks wegen: "Ich bin morgens auch so bestens gelaunt." Von seinem Job ist er zu 100 Prozent überzeugt: "Ich habe mir den Beruf ausgesucht, damit ich nachmittags frei habe." Um halb sieben werden er und Bäckermeister Auer ihre "Mittagspause" einschieben und frühstücken. Um halb zehn ist für beide Feierabend. Den verbringt der 23-jährige Geselle gerne mit seiner Freundin auf der Couch. Und dass er abends oder am Wochenende etwas verpasst? "Beim besten Willen nicht!" Zum Weggehen bliebe sowieso nur der Samstag und da sei er viel zu müde. Wenn die Bäcker ihren Feierabend einläuten, hat Elke Heidger noch einige Stunden eines Arbeitstages vor sich. Sie arbeitet nämlich nicht nur die halbe Nacht im Laden, sondern auch den ganzen Tag - einschließlich des Wochenendes. Nur mittwochs gönnt sie sich einen freien Nachmittag und täglich in der Mittagspause ein halbes Stündchen Schlaf. Sie sei zufrieden, sagt sie: "Ich mache meine Arbeit sehr gerne. Wenn es viel zu tun gibt, ist es umso besser." Seit ihrer Jugend arbeitet Elke Heidger im Laden, den sie von ihren Eltern übernahm: "Ich stehe schon seit Jahrzehnten früh auf. Ich bin es nicht anders gewöhnt." Für eine kleine Bäckerei auf dem Land sei es eben ein Pluspunkt, früher aufzumachen als die großen Geschäfte, sagt sie. "Schließlich kommen viele Kunden direkt von der Nachtschicht oder fahren zeitig zur Arbeit." Die Schichtarbeiter beneidet sie übrigens nicht, nur weil sie nur ab und an morgens früh beginnen: "Ich habe wenigstens immer ein und denselben Rhythmus." Nur sei der auch im Urlaub schwer zu bekämpfen. Dann habe sie Probleme durchzuschlafen. Erst nach zehn Tagen könne sie sich an den neuen Rhythmus gewöhnen - dann, wenn die Ferientage schon fast gezählt sind. Erholung wünscht sie sich für eine spätere Lebensphase: "Vielleicht bekomme ich ein bisschen mehr Ruhe, wenn ich in Rente gehe."

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