"Eine Gemeinschaft gibt so viel"

ZEMMER-RODT. Ihre 82 Jahre sieht man Betty Schmitz aus Rodt nicht an. Lebhaft, offen, unternehmungslustig und couragiert wirkt die Frau, die 25 Jahre lang den Altenkreis Rodt-Schleidweiler geleitet und damit einen wertvollen Beitrag zur Gemeinschaft in ihrer Gemeinde geleistet hat.

Vor Betty Schmitz auf dem Tisch liegt ein großes Buch, neben ihr sitzt ihre Freundin Pauline Thiel. "Es soll ja hier gar nicht um mich gehen", sagt Betty Schmitz, "sondern um die Gemeinschaft. Das waren wir ja alle zusammen. Und Pauline hat mich all die Jahre sehr unterstützt." "Aber ohne dich wäre es doch nicht gegangen", erwidert Pauline Thiel. "Sie müssen wissen, Betty ist uns mit Leib und Seele vorausgegangen, sie hat uns geworben und einfach nicht locker gelassen, hat alles organisiert." "Uns", das war der Altenkreis mit Seniorinnen aus den Orten Rodt und Schleidweiler: "Wir sind ja nun mal die alten Leute im Dorf", erläutert Betty Schmitz den Namen "Altenkreis". Sie selbst war 56, als der damalige Pastor Herbert Brunder ihr die Gruppenleitung antrug. "Ich wusste ja nicht, was man da so macht, sagte trotzdem zu." Das erste Treffen war am 29. Oktober 1978. "Mit sieben bis acht Leuten standen wir erst mal da", sagt Betty Schmitz. "Es war damals für uns Frauen auf dem Dorf nicht leicht, nachmittags irgendwohin zu gehen. Dann waren die Männer auf dem Feld, und wir sollten uns einfach so hinsetzen? Eigentlich ungeheuerlich", erzählt Pauline Thiel. Nahrung zum Denken und Arbeiten

Aber schon zur Nikolausfeier des selben Jahres kamen mehr als 20 Frauen. Betty Schmitz beschenkte sie und zitierte selbst gedichtete Verse. Eine Tradition, die sie in den nächsten 25 Jahren beibehielt. "Das können Sie hier alles nachlesen", sagt sie, und schlägt das große Buch auf - die lückenlose, später fürs Kirchenarchiv gedachte Chronik eines Vierteljahrhunderts gemeinsamer Aktivitäten, verwoben mit der Dorfgeschichte. Dokumentiert sind jährliche Ausflugsfahrten, Feste, Bastelnachmittage, Gymnastikstunden, Senioren-Tanzauftritte, Basare und vieles mehr. Das vielseitige Angebot, das Betty Schmitz - ausgehend von 14-tägigen Treffs - organisierte, gab den bald 40 Teilnehmerinnen "Nahrung zum Denken und Arbeiten" und half so mancher Teilnehmerin über Schmerz oder Einsamkeit hinweg. Daneben warfen Basare und Feste fast 14 000 Mark Spenden ab, die neben anderen karitativen Zwecken überwiegend der Rodter Kirche zugute kamen. Doch am wichtigsten war der Zusammenhalt: "Betty, als Zugezogene, schaffte es, den bis dahin bestehenden Graben zwischen Schleidweiler und Rodt zu überbrücken, weil sie unvoreingenommen war", sagt Pauline Thiel. Betty Schmitz stammt aus Schönecken in der Nähe von Prüm, heiratete einen Mann aus Rodt und wurde schon sieben Jahre später Witwe. "Da stand ich dann allein und kannte kaum jemanden. Für mich war der Altenkreis eine Chance." Und er war eine Aufgabe, an der sie wuchs: "Ich habe durch Fortbildungen das nachgeholt, was mir der Krieg verwehrt hat, habe gelernt, nach außen zu gehen, etwas selbstständig zu organisieren. Und ich habe erfahren, dass man, wenn man anderen etwas gibt, sehr viel Freude zurückbekommt!" Zum 25. Jubiläum im vergangenen Herbst löste sich der Kreis aus Altersgründen auf. "Es wäre wichtig und schön, wenn so etwas weitergeführt würde", wünschen sich Betty Schmitz und Pauline Thiel. "Eine Gemeinschaft gibt so viel!"

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