Gegen die Fünf-Minuten-Medizin

FELL/TRIER. (kat) Die Arbeitsgemeinschaft für integrale Gesundheit (AGfiG) e.V. besteht aus 60 Mitgliedern: Ärzte, Apotheker, Physio- und Psychotherapeuten treffen sich regelmäßig zum fachlichen Austausch und knüpfen Netzwerke. Dadurch sollen eine über das rein Medizinische hinausgehende Versorgung der Patienten gewährleistet und Selbstheilungskräfte aktiviert werden.

Immer wieder hat der Arzt Hansjörg Lucas in seiner Praxis in Trier erlebt, dass er den Patienten während der unumgänglichen "Fünf-Minuten-Medizin" nicht das vermitteln konnte, was er ihnen gerne mitgegeben hätte. Da war der laut Lucas "sehr kopflastige Tumorpatient", der keinen Bezug zu seinem Körper hatte. "Um die Krebserkrankung zu behandeln, genügten nicht nur die Operation, die medikamentöse Behandlung und, wie in diesem Fall, eine Strahlentherapie. Wichtig war auch, dass der Patient sein Leben und die Lebensweise überdachte", sagt Hansjörg Lucas. Das könne bedeuten, zu lernen, sich zu entspannen, sich gesünder zu ernähren und auch "Innenschau" zu halten. "Und zu erkennen, was Kraft gibt und was Kraft raubt." Der Pool an Therapeuten der Arbeitsgemeinschaft verhilft dem Mediziner zu mehr Berufszufriedenheit, da er den Patienten zusätzliche Angebote offerieren kann, die er bestens kennt und von denen er weiß, dass sie den Patienten weiterhelfen könnten. Mindestens einmal in der Woche treffen sich Lucas, die Psychotherapeutin Elke Croninger und Apotheker Christian Brauch in der Feller Apotheke, um Info-Abende vorzubereiten und das Netzwerk noch weiter zu knüpfen. Ein Informationsabend wurde zum zehnjährigen Bestehen der AGfiG als zweiter Patiententag in der Alten Schule in Fell angeboten. Das Thema lautete "Entzündungen durch Stress". 200 Teilnehmer, eingeladen waren die Mitglieder der Selbsthilfegruppen für Fibromylalgie, Multiple Sklerose, Rheuma und Borreliose, lauschten den Vorträgen von Hansjörg Lucas und Christian Brauch. "Grundlage für unsere Vorträge war ein persönliches Gespräch mit Professor Theoharides, dem Leiter des Instituts für experimentelle Pharmakologie an der Tufts Universität in Boston/USA. Theoharides forscht über den Zusammenhang zwischen Entzündung und Stress auf zellulärer Ebene", erklärt Lucas. Der Arzt informierte, dass Stress, egal aus welchen Gründen er entsteht, eine der Hauptursachen für Entzündungen bei Fibromylalgie, Multipler Sklerose, Rheuma und Borreliose ist. Christian Brauch zeigte auf, wie natürliche Substanzen Entzündungen bekämpfen und verhindern können. Elke Croninger übernahm den "Entspannungs-Part". Sie wies die Patienten in Meditationstechniken ein, die helfen, stressbedingte Gesundheitsschädigungen zu verhindern. Mit Karin Böhme, systemische Trainerin, beschäftigten sich die Anwesenden in einem Workshop mit der Frage "Die chronische Krankheit ist mein Begleiter - wie stehe ich dazu?" "Menschen haben schon immer nach neuen und besseren Möglichkeiten gesucht, das Leben, den Stress und die Krankheiten zu meistern", sagt Croninger. Laut Lucas kombiniert die AG für integrale Gesundheit bewährte überlieferte Tradition, beispielsweise die Meditation, mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Nicht große spektakuläre Veränderungen im alltäglichen Leben seien notwenig, sondern konsequente kleine Schritte, die helfen, Stress im Alltag zu vermeiden und Gesundheit zu gewinnen. "Das Potenzial zur Selbstheilung ist in jedem Einzelnen vorhanden", sagt Lucas. Das Ziel der AGFiG sei es, an die Eigenverantwortung der Patienten zu appellieren und ihnen genügend Handwerkszeug zum Gesundwerden und -bleiben an die Hand zu geben.

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