Härter als Fels

Kastel-Staadt wird vorerst kein Kletterparadies. Das ist das Ergebnis des Stammtisches des Trierischen Volksfreundes im Gasthaus "Zur Klause" in Kastel-Staadt.

Kastel-Staadt. Tief in den Fels sind Stahlhaken getrieben, der Fels ist abgebürstet - klarer Fall, hier sind Sportkletterer am Werk. Seit dem vergangenen Jahr haben rund 20 junge Menschen die Felswand in Kastel-Staadt am Plateau für sich entdeckt - und sich damit den Ärger des Ortsgemeinderates zugezogen. Dieser hatte in der vergangenen Sitzung das Klettern verboten.Auch nach der mehr als zweistündigen Diskussion beim TV-Stammtisch unter Leitung von TV-Redakteurin Susanne Windfuhr hält Ortsbürgermeister Harald Lehnertz an seinem Entschluss fest: "Ich sehe keine Chance für einen Kompromiss, auch wenn es mir sicherlich leidtut." Die Hauptgründe: fehlender Versicherungsschutz und fehlende Einnahmen aus der Jagdpacht. Denn Johannes Hart, Jagdpächter vor Ort, machte klar, was er von den Kletterkünstlern hält: "Sie zerstören die Natur in einer noch nie dagewesenen Art und Weise. Durch die permanente Anwesenheit, das Klicken ihrer Materialien und ihre Gespräche entfernt sich das Wild dauerhaft." Er stellte seinen Rückzug im gegenteiligen Fall in Aussicht. "Ich habe die Pacht nun seit 40 Jahren, und ein Abschied würde mir sehr schwerfallen." Natürlich hätte Kastel-Staadt am Wegfall der Pachteinnahmen mächtig zu knabbern. Was die Ortsoberen richtig wurmte: "Sie haben nie gefragt, ob das hier überhaupt erlaubt ist", so Lehnertz. Auf seine Nachfrage hin hatte ihm der Gemeindeversicherungsverband abgeraten, eine Klettererlaubnis auszusprechen. "Wir sind immer in der Haftung."So sehr sich auch die Kletterer bemühten - weder von ihrem Sport ließ sich die Gegenseite überzeugen, noch von dem Vorhaben, den Felsen als Klettergebiet zu öffnen. "Wir wären zu einem Kompromiss bereit", sagte Marc Küchenberg, Geschäftsführer der extra gegründeten "IG Klettern Saar-Hunsrück". Rechtlich ist die Sache unklar. Dietmar Schwarz, Revierförster: "Jeder hat das Recht, den Wald zur Erholung an jeder Stelle zu betreten. Klettern wird landauf, landab als Betreten angesehen." Erst wenn es kommerziell werden würde, würde das Landeswaldgesetz einschreiten. "Es würde auch keine übermäßige Nutzung geben, wenn feststünde, dass nicht mehr als beispielsweise fünf Kletterer aktiv sein sollen. Kletterer halten sich an Grenzen", so eine aktive Kletterin. Sie brachte als Vorschlag ein, nur drei Routen an der Kletterwand zu nutzen. "Und dann könnte man in einer Testphase schauen, wie das Wild reagiert." Nach Ansicht der IG sei die Kletterwand weniger attraktiv als andere und mit einem hohen Schwierigkeitsgrad kein Anziehungspunkt für eine große Anzahl von Sportkletterern, eine der Befürchtungen der Gegner. "Und auch die Gefahr, dass sich hier Hobby-Kletterer versuchen und verletzen könnten, besteht nicht. Die kommen noch nicht mal an den zweiten Haken", so ein weiteres Argument der Kletterfreunde. Doch Lehnertz blieb hart: "Ich sehe keine Möglichkeit, anders zu handeln."Die Kletterfreunde wollen sich an das Verbot halten, doch aufgegeben haben sie nicht. Es gebe vergleichbare Fälle in Deutschland. Dort wolle man sich nun informieren und die Erfahrungen an Kastel-Staadt weiterleiten. Eine, wenn auch schwache, Hoffnung. Meinung Unpopulär, aber verständlich Der TV-Stammtisch hat eines in aller Deutlichkeit gezeigt: Bei diesem Thema liegt ein Interessen-Konflikt vor, wie er ausgeprägter kaum sein könnte. Dabei haben die Kletterer bislang ausschließlich ihr Anliegen im Blick gehabt. Sympathischerweise haben einige aus der Gruppe dies und die Tatsache, dass ihr Vorgehen - ohne vorherige Absprache mit der Ortsgemeinde - nicht korrekt war, während der Diskussion selbstkritisch eingeräumt. Was bleibt, sind ungleich gewichtige Argumente auf den jeweiligen Seiten. Der Ortsbürgermeister hat keinen Hehl daraus gemacht, was bei der Abwägung in die Waagschale geworfen wird: hohe Jagdpacht-Einnahmen, auf die die Gemeinde nicht verzichten kann und will, der Umweltschutz im Klettergebiet inmitten der Kernzone II des Naturparks Saar-Hunsrück sowie die Frage der Haftung. Das konsequente "Nein" des Ortsbürgermeisters mag unpopulär und unbefriedigend für die Kletterer sein, eines ist es bestimmt: nachvollziehbar. s.windfuhr@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort