Heimatklänge im Festzelt am Missouri

KANSAS CITY/KREUZWEILER. Ein Empfang, wie er für die Zillertaler Schürzenjäger auch nicht anders ausgefallen wäre: Nach elfstündigem Flug warten auf die Concordia Live Band aus Kreuzweiler bei Palzem zwei schwarze Lincoln-Stretch-Limousinen vor dem Airport in Kansas City. Ehre, wem Ehre gebuehrt, und das sind hier und heute die Blasmusiker vom Saargau.

Angekommen im Hotel, begrüßen die Repräsentaten der deutsch-amerikanischen Vereinigungen in Kansas City mit einem Prosit-Bier die 18 Gäste (Band und Fans) aus "good old Germany" - quasi als Einstimmung auf den ersten großen Auftritt, den die sechsköpfige Blasmusikgruppe am nächsten Tag im altehrwürdigen Kansas City Club zu absolvieren hat.Gediegener und vornehmer Club

Der Germania Club Kansas City hat die Concordia Live Band aus dem kleinen Dorf Kreuzweiler als eine von zwei deutschen Musikgruppen eingeladen, auf dem dreitägigen Oktoberfest zu spielen (der TV berichtete). Zustande kam der Kontakt über Matthias Wagner, der aus Dilmar stammt, seinerzeit beim Musikverein Kreuzweiler gespielt hat, seit sieben Jahren in des USA lebt und zuständig ist für das Musikprogramm des dreitägigen Festes, zu dem im vergangenen Jahr rund 70 000 Besucher gekommen waren.Der Kansas City Club präsentiert sich genau so, wie man sich eine solche Einrichtung vorstellt: gediegen, vornehm, im Bewusstsein langer Tradition. Gespeist wird im großen Saal. An diesem Abend gibt es ein deutsches Büffet, unter anderem mit Sauerkraut, Würstchen und Schwarzwälder Kirschtorte. Zuvor genehmigen sich die Herren einen Drink im Raucherzimmer. Die Band - Werner Gerardy (Akkordeon), Adolf Hein (Tuba), Guido Beck (Saxophon), Winfried Maus (Trompete), Karl Heinz Wolf (Posaune) und Robert Willkomm (Schlagzeug) muss im Nebenzimmer aufbauen.Doch weil sich die sechs Musiker nicht als Begleitband zum Abendessen verstehen, verfrachten sie zum Dessert kurzerhand ihre Instrumente in den Speisesaal, wo sie auf ein dankbares Publikum stoßen. Kein Wunder, denn ein Abend mit deutschem Essen und deutscher Blasmusik hat sogar unter den deutschstämmigen Amerikanern durchaus exotischen Charakter. Auch für Leni und Michael Sauerwein aus Wichita, die übers Intrinet vom Auftritt der Concordia Live Band erfahren und sich auf die dreistündige Fahrt nach Kansas City gemacht haben. Gebürtig ist er aus Meurich, sie aus Körrig. Exil-Moselaner finden wohl immer zusammen.Im Kansas City Club hat die Concordia ein Heimspiel: "Fliege mit mir in die Heimat", das "Trompeten-Solo" oder "Mein Vater war ein Wandersmann" - die Deutsch-Amerikaner geniessen die Erinnerung an ihre alte Heimat. Und je später der Abend, desto ausgelassener wird gefeiert: Dass die Musiker auf den Tischen spielen und die Gäste auf den Stühlen tanzen, hat das alte Gemäuer bislang wohl noch nicht erlebt."So was habe ich noch nicht erlebt"

Szenenwechsel, nächster Auftritt: "Wer weiss denn, was eine Polonaise ist?" , fragt Matthias Wagner die rund 200 Pennäler der Brookwood Elementary School in Kansas City. Schweigen. Doch als sich die Band formiert und die Jungen und Mädchen sich einreihen, entsteht in der Turnhalle ein begeistertes Gekreische wie beim Konzert der No Angels. "Seit 18 Jahren spielen wir zusammen", meint hinterher Trompeter Winfried Maus, "so was habe ich noch nicht erlebt".Die Kulturbotschafter deutscher Volksmusik steuern heute Nachmittag den Höhepunkt ihrer siebentägigen Konzertreise an: Die Concordia Live Band aus Kreuzweiler eröffnet zusammen mit Kay Barnes, Bürgermeisterin der 450 000 Einwohner zählenden Stadt im Mittleren Westen der USA, das zweite Oktoberfest. Bis zu ihrer Abreise am Montag werden sie noch zwei Mal auftreten - im Festzelt direkt am Missouri.

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