Jugendliche von der Straße holen

KONZ. Wer Kinder hat, kennt das: Schule aus, Hausaufgaben gemacht, was jetzt mit den Nachwuchs? Wenig einladend, aber beliebt bei Kinder und Jugendlichen ist die nahe Buswartestelle. "Das muss auch anders gehen", dachten sich Roscheider Eltern und gründeten den Kinder- und Jugendförderkreis Konz-Roscheid.

Überquellender Abfalleimer, herumliegende Glassplitter, Zigarettenkippen - wohl jeder hat sie schon gesehen, die Überbleibsel einer "Party" am "Jugendtreff Bushaltestelle". Nicht nur, dass diese Müllhalde kein schöner Anblick ist, schwer vorzustellen ist auch, dass Kinder und Jugendliche dort einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung nachgehen können.Alkohol aus Langeweile

Vor vier Jahren hat eine Handvoll Roscheider Eltern dieses Problem erkannt. Kurz entschlossen gründeten sie den Kinder- und Jugendförderkreis Konz-Roscheid. Ziel des eingetragenen Vereins war es, Kindern und Jugendlichen des Konzer Stadtteils Räumlichkeiten zu schaffen, die eine organisierte Gestaltung ihrer freien Zeit zuließen. "Oftmals wissen Jugendliche einfach nicht, womit sie den Nachmittag totschlagen sollen", erklärt Jürgen Mai, Vorsitzender des Kinder- und Jugendförderkreises, "dann treffen sie sich an Bushaltestellen oder anderen öffentlichen Plätzen, da vielerorts geeignete Räumlichkeiten nicht vorhanden sind". Aus Langeweile wird häufig Alkohol in nicht unerheblichen Mengen konsumiert. Das Resultat dieser "Saufgelage" seien nicht selten Vandalismus, Schlägereien oder Ähnliches. "Dem mussten wir Einhalt gebieten", betont Mai. Mit Mitteln der Stadt Konz wurde nahe des Freilichtmuseums ein Jugendhaus errichtet. Ausgestattet mit sanitären Anlagen, einer Küche und mehreren Räumen, die entsprechend der verschiedenen Altersgruppe eingerichtet wurden, sollte es zum Treffpunkt der Roscheider Jugend werden. "Anfangs waren wir skeptisch, ob die Einrichtung von den jungen Leuten überhaupt angenommen wird", berichtet Jürgen Mai. Dann habe es die ersten Probleme mit älteren Jugendlichen gegeben, die glaubten, der Verein habe das Gebäude ausschließlich für sie errichtet. "Es gab oft Streit zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Viele Eltern verboten ihren Kinder, das Jugendhaus zu besuchen." Schließlich hätten die 16- bis 22-Jährigen akzeptiert, das Haus auch mit anderen teilen zu müssen. Schön war es anzusehen, das Roscheider Jugendhaus, inmitten blühender Wiesen, umgeben von zahlreichen Bäumen. Doch dieser Anblick währte nur wenige Monate. Schon bald verunzierten Graffiti-Schmierereien das Gebäude. "Auch die neu errichtete Skater-Bahn und die Eingangstür waren der Zerstörungswut einiger Querköpfe ausgesetzt", erzählt Mai. "Die Schäden konnten bis heute nicht behoben werden, weil wir nicht genügend Geld haben, und die Kassen der Stadt Konz, die für die Unterhaltung zuständig ist, sind leer." Aus der Not machte der Verein letztlich eine Tugend. Einige Jugendliche überlegten sich, wie man mit Graffiti das Gebäude auch verschönern kann. Das Ergebnis war recht ansehnlich. "Doch es gibt immer noch Einzelne, die mit Schmierereien die Bilder zunichte machen", ärgert sich der Vorsitzende. Heute zählt der Kinder- und Jugendförderkreis Konz-Roscheid rund 100 Mitglieder. Vom sechsjährigen Grundschüler bis zum Abiturient sind alle Altersklassen vertreten. Aktivitäten wie Basteln, Kochen und Sportveranstaltungen sorgen dafür, dass die Langeweile bei den jungen Leuten auf ein Mindestmaß reduziert wird. "Allerdings können wir die Mädchen und Jungen das Gebäude nicht ohne Aufsicht nutzen lassen", sagt Mai. Man habe das versucht, doch habe es immer Quertreiber gegeben, die ihrer Zerstörungswut auch im Inneren des Hauses freien Lauf gelassen hätten. "Nachdem dann ein Videorecorder und eine Musikanlage gestohlen worden waren, beschlossen wir im Vorstand, den Zugang nur noch zu Veranstaltungen und unter Aufsicht zu ermöglichen."Vorsitzender gesucht

Mai, der seit der Gründung im Jahr 1999 das Amt des Vorsitzenden bekleidet, möchte in diesem Jahr seinen Posten aufgeben. "Es ist an der Zeit, dass der Wind mal aus einer anderen Richtung weht", begründet er seine Entscheidung. Ein neuer Chef mit anderen Ideen könne das Vereinsgeschäft beleben. Dennoch sieht er seine Arbeit als erfolgreich an. "Schließlich haben wir es geschafft, die Roscheider Jugend weitgehend auf diesen einen Ort zu konzentrieren." Zwar gebe es noch Vereinzelte, die sich lieber an altbewährten Treffpunkten aufhalten würden. Dennoch hoffe er, dass Kinder, die mit dem Jugendtreff aufwachsen, diesen später eher akzeptieren als diejenigen, denen das Haus sozusagen vor die Nase gesetzt wurde. "Vielleicht sind die Wartehäuschen tatsächlich irgendwann nur noch ein Treffpunkt für die, die mit dem Bus fahren wollen", schmunzelt Mai. Morgen berichten wir in unserer Serie "Trier-Saarburg - ganz nah" über den aktuellen Stand der Windkraftnutzung in Oberemmel.

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