Landkreis sucht Rezept gegen Ärztemangel

Die Diagnose ist nicht neu und dennoch beunruhigend: Gerade in ländlichen Gebieten droht ein Ärztemangel. Damit es dazu nicht kommt, lässt der Kreis Trier-Saarburg modellhaft ein Konzept zur Zukunft der medizinischen Versorgung in den Verbandsgemeinden (VG) Hermeskeil, Kell und Saarburg erarbeiten. Die Studie läuft bis Ende 2015 und wird vom Bund finanziert.

Saarburg/Kell/Hermeskeil. 73 - so viele niedergelassene Ärzte gibt es momentan noch in den drei Verbandsgemeinden Hermeskeil (33), Kell (7) und Saarburg (33). Doch wenn jeder von ihnen nur bis zum üblichen Ruhestandsalter - also bis 65 Jahre - praktiziert und keine Jungmediziner nachfolgen, dann wird diese Zahl bis 2022 um die Hälfte schrumpfen. Die Konsequenz: Es droht ein Ärztemangel. Denn obwohl es in Zukunft wegen des demografischen Wandels auch im Raum Hochwald/Saar weniger Menschen gibt, wird der Behandlungs- und damit auch der Ärztebedarf in etwa gleich bleiben.
Neue Strategien


Die Bevölkerung wird nämlich auch immer älter. Daher sagt Landrat Günther Schartz: "Mit dieser Situation müssen wir umgehen und nach Strategien und Lösungen suchen, damit auch in Zukunft die medizinische Versorgung in der Fläche gesichert wird." Um dem allgemein gültigen Problem rechtzeitig zu begegnen, hat der Kreis ein Studienprojekt gestartet. Es wurde gestern von Schartz und weiteren Beteiligten vorgestellt (siehe Extra).
Dass beim Thema medizinische Grundversorgung modellhaft der Raum Hochwald/Saar unter die Lupe genommen wird, hängt nicht nur mit der oben beschriebenen Situation bei den niedergelassenen Ärzten zusammen. "Es ist auch der Teil des Kreises, der mit Hermeskeil und Saarburg zwei Kliniken in der Fläche hat", sagt Joachim Christmann, Sozialbereichsleiter bei der Kreisverwaltung. Federführend betreut wird das Studienprojekt vom Soziologen Matthias Hoffmann, der dafür beim Kreis bis Ende 2015 eingestellt wurde. Noch im Juni wird es ein Treffen geben, zu dem alle 73 niedergelassenen Ärzte, aber auch deren Standesvertreter - die Kassenärztliche Vereinigung - eingeladen sind. Hinzu kommen die politischen Vertreter der drei VG und Verantwortliche der zwei Kliniken. Ihnen werden das Projekt und dessen Ziele vorgestellt.
Engere Verzahnung


Dabei sind laut Hoffmann neue Ideen und Ansätze gefragt. Als Beispiel nennt er das Stichwort "hausärztliche Assistenz". Ärzte müssten häufig viel Zeit für "Routineprobleme" wie das Messen des Blutdrucks oder des Zuckerspiegels investieren.
"Diese Aufgaben könnte man auch an Fachpersonal delegieren, das dafür geschult wird", so Hoffmann. Auch eine engere Verzahnung von ambulanter und stationärer Medizin und die "Aufhebung dieser sektoralen Trennung" hält Hoffmann für wichtig. Ein Beispiel: Derzeit agieren häufig niedergelassene Ärzte als Belegärzte in Krankenhäusern. Das heißt: Die Kliniken stellen den Medizinern, die außerhalb der eigenen Praxis agieren, ihre Einrichtungen zur Verfügung. Da aber in Zukunft für viele Jungmediziner die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und geregelte Arbeitszeiten immer wichtiger werden, stellt Hoffmann folgende Überlegung in den Raum, um ihnen die Ausübung ihres Berufs auch auf dem Land schmackhaft zu machen. "Es könnte auch auf dem umgekehrten Weg gehen. Der Arzt wäre dann beim Krankenhaus angestellt, wird aber teilweise für die ambulante Versorgung freigestellt." Ausdrücklich stellt Hoffmann klar, dass dies alles nur Vorschläge sind: "Wir machen keine Vorgaben, die wir den Ärzten überstülpen wollen. Es ist ein völlig offener Prozess, bei dem gemeinsam Modelle entwickelt werden sollen, um die medizinische Versorgung auf Dauer zu sichern."Im November steht zudem eine Bürgerumfrage an. In Zusammenarbeit mit der Uni Trier werden in den drei VG stichprobenartig 2000 Menschen angeschrieben. So sollen die Wünsche und Bedürfnisse der Bürger ermittelt werden. "Wir wollen zum Beispiel erfahren, wie zufrieden sie mit der medizinischen Versorgung sind und auf welche Art von wohnortnaher fachärztlicher Behandlung sie auch in Zukunft größten Wert legen", so Hoffmann.Extra

Die Studie zur dauerhaften Sicherung der medizinischen Versorgung in der Region Hochwald/Saar läutet die zweite Phase im Rahmen des bundesweiten Forschungsprogramms Modellvorhaben in der Raumordnung, abgekürzt Moro, ein. Daran nimmt der Kreis Trier-Saarburg als eine von 21 Regionen in Deutschland teil (der TV berichtete). Die Kosten des aktuellen Studienprojekts von rund 100.000 Euro werden komplett vom Bund finanziert. Neben dem Themenbereich Gesundheit und Pflege gibt es in der Ende 2013 veröffentlichten "Regionalstrategie Daseinsvorsorge für den Landkreis Trier-Saarburg" noch einige andere Handlungsfelder, die mit Blick auf die kommenden 20 Jahre angepackt werden sollen. Schlagworte sind dabei: Mobilität, bürgerschaftliches Engagement, Bildung, Familie sowie lebenswerte Dörfer und Städte. ax

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