Nicht länger schlaflos in Reinsfeld

TRIER/REINSFELD. Zehn Frauen sitzen im Kreistag Trier-Saarburg, das entspricht einer Quote von nur etwa 23 Prozent. Eine der Frauen, die sich diese Arbeit zutrauen, ist die Architektin Christina Spies (SPD).

Wenn Christina Spies in den ersten Jahren nach ihrer Wahl in den Kreistag von einer Sitzung abends spät zurück nach Hause fuhr, ahnte sie schon, dass sie lange kein Auge schließen würde. "Die persönlichen Angriffe bei den Sitzungen zu verarbeiten, fiel mir ganz schön schwer. Da konnte ich oft danach nicht einschlafen", erzählt die Kreistagsabgeordnete. Christina Spies wuchs im Saarland in einer sehr politischen Familie auf. Von 1978 bis 1981 studierte sie in Kaiserslautern Architektur. "Schon in meinem Studium habe ich mich in einer Männerwelt bewegt", erzählt die heute 52-Jährige. Auch im Hause Spies dreht sich alles um Politik - kein Wunder, denn ihr Ehemann ist Bürgermeister in ihrem Wohnort Reinsfeld. "Ich wollte mich zwar politisch betätigen, aber nicht in den gleichen Räten, in denen auch mein Mann sitzt." Daher kam ihr das Angebot, für den Kreistag zu kandidieren, wie gerufen. Seit 1989 setzt sie als Kreistagsabgeordnete ihr Bedürfnis in die Tat um, sich für Menschen und ihre Interessen einzusetzen. In ihrem Beruf hat sie fast täglich Kontakt mit sozial schwachen Familien, die bei der Architektin nach Fördermöglichkeiten für das erträumte Eigenheim anfragen. Ihre Selbstständigkeit ermöglicht es der Architektin, berufliche Termine und Familie gut zu vereinbaren zu können. In der Betreuung der zwei Kinder wechselt sie sich mit ihrem Mann ab. Am Zeichentisch der Architektin entstehen Entwürfe für Kindergarten- und Schulsanierungen sowie Einfamilienhäuser. "Die Wippe mit meiner Tochter stand am Anfang daneben", erinnert sich Spies. In der Politik profiliert sie sich im Bauausschuss sowie im Umwelt- und Kreisausschuss. "Was? Eine Frau soll sich mit Straßen auseinander setzen?", lauteten die anfänglichen Kommentare. Doch der Architektin, die auf der Baustelle für die Maurer glaubwürdig sein muss, fällt es nicht schwer, sich in der Männerwelt zu bewegen. Ihre männlichen Kollegen nehmen sie gut auf und unterstützen sie bei den neuen Aufgaben. Nur dass sie als Politikerin von Kollegen Komplimente für ihr Aussehen bekommt, missfällt der adrett gekleideten Frau mit den blonden Haaren. Die Politikerin erlebte es auch immer wieder, dass Männer beim Gerangel um Positionen und Ämter stets fest zusammenhalten und Seilschaften bilden. So gab ihre Partei, als Spies bei der jüngsten Landtagswahl kandidieren wollte, einem Mann den Vorzug - für Spies eine herbe Enttäuschung. Dennoch konnte sie darauf zählen, dass gute Freundinnen in der Partei ihr beistehen. Spies schätzt an der politischen Arbeit, dass sie dabei "unheimlich viel lernt". Zum Beispiel ist es ihr heute ein Leichtes, auf Menschen zuzugehen. Nur eins führt ab und an zu Frust: "Es ist schade, wenn man immer nur in der Opposition ist", sagt die SPD-Frau. Bei der Kommunalwahl am 13. Juni wird sie wieder für den Kreistag kandidieren. Die Kreistagssitzungen bescheren ihr schon lange keine schlaflosen Nächte mehr.

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