Stummer Zeuge der Vergangenheit

KORLINGEN. "Ano 1775" ist in großen Buchstaben auf dem Schieferstein zu lesen. Karl Weber hat ihn 1968 in seinem Steinbruch oberhalb des Ortes in einem Stollen gefunden. Er ist ein Beweis für den Untertagebergbau in Korlingen.

Der "Tippfehler" - zumindest nach heutiger Schreibweise - im Wort "Ano" sei an dieser Stelle entschuldigt. Das Gewicht des Steins schätzt Fachmann Karl Weber, er gründete 1963 seine Schiefersteinbruch-Firma, auf etwa 400 Kilo. Der Brocken ist heute als schöne Zierde in einem offenen Kamin in seiner Firma eingelassen. Der Schieferbergbau unter Tage begann in Korlingen allerdings schon Jahrzehnte bevor die Jahreszahl in den Stein gemeißelt wurde. Der 74-jährige Karl Weber: "Unser ehemaliger Ortsbürgermeister, Josef Marx, schenkte mir vor einigen Jahren die Kopie einer Urkunde aus dem Jahre 1717." Die "Corlinger" waren damals arm und hatten wenig "Güther", geht daraus hervor. Elf namentlich in dem ältesten Zeugnis des Korlinger Bergbaus genannte Männer hatten "wehmüthig" vorgetragen, dass sie in dem Berg "oberst dem Weingartsberg ein leykaule alda (eine Schiefersteinmiene) erfinden und betreiben" möchten, um sich durch selbige "ernähren zu können". Benedictus Henn, Abt und Prior zu "St. Martin bey Trier", genehmigte dieses Ansinnen unter bestimmten Bedingungen. Natürlich waren dabei klare Festlegungen hinsichtlich des "gebührenden Zehndten" für das Gotteshaus St. Martin enthalten. Ulrich Weber, der 48-jährige Sohn des Firmengründers, hat inzwischen in der zweiten Generation die Firmenleitung übernommen und führt das Werk seines Vaters mit sechs Mitarbeitern fort. "Als ich mit dem Steinbruch begann, waren hier nur Dornen und Gestrüpp," erinnert sich der Karl Weber. Von den tief in den Berg vorgetriebenen ehemaligen "Leyenkaullen" war zu der Zeit natürlich nichts mehr zu sehen. Die Höhlen waren eingefallen oder zugeschüttet worden. Weber und Ortsbürgermeister Kurt Koppka wussten aber damals aus Erzählungen älterer Korlinger und aus einem Bericht der "Forschungsgesellschaft Bergbau und Bergwissenschaften", dass es mehrere Stollen in der Nähe gegeben hatte. Doch erst im Oktober 1988 war ein Stollen nach Hinweisen aus der Bevölkerung rechts unterhalb des heutigen Steinbruches freigelegt worden. Im Lehmboden waren sogar noch Abdrücke und Spuren von Schuhen zu sehen. "Nicht nur Schiefer wurde in Korlingen unter Tage abgebaut", erzählt Karl Weber. An der Kreisstraße 57 von Korlingen in Richtung Trier, etwa gegenüber der Kapelle, fand man bei Schürfungen im Jahr 1884 "schönes derbes Bleierz mit etwas Kupfer". Koppka: "Der Eingang dieser Erzmine mit Namen ,Neue Hoffnung' liegt heute auf privatem Gelände und ist eingefallen." Schieferbergleute waren arm

Bevor die jüdischen Fabrikanten Rollmann, Michael und Kaufmann die Firma "Romika", deren Firmenname sich aus den ersten Buchstaben der Männer ergibt, im Gusterath Tal gründeten, war hier die "Waasch". So lautete die im Volksmund überlieferte Bezeichnung für die Stelle, an der das Erz gewaschen wurde. Dort wurde allerdings nicht nur Erz aus der Korlinger Grube gewaschen. Weber: "Eine 3,5 Kilometer lange Drahtseilbahn führte von einer Erzgrube bei Hockweiler über den Berg an die Ruwer." Obwohl Korlingen, anders als Fell und Thomm, nie Mittelpunkt reger Bergbautätigkeit war, lässt sich die Arbeit unter Tage leicht belegen - das Gewerbe hatte im Ruwertal eine besondere Bedeutung. Weber: "Dabei galten die Schieferbergleute unter den Bergleuten als die Ärmsten." Zu ihrem Gedenken stellte die Firma Weber kürzlich eine Original-Schieferlore an der Einmündung zur Trierer Straße auf.

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