Tourismus-Seminar in Ockfen macht fühlbar, wie wichtig Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer ist

Ockfen · Mit dem Rollstuhl über hügeliges Gelände fahren oder blind eine Treppe besteigen: Dies haben Teilnehmer eines Sensibilisierungsseminars für barrierefreien Tourismus ausprobiert.

 Steigungen werden zur Herausforderung: Tobias Peter testet das Rollstuhlfahren.

Steigungen werden zur Herausforderung: Tobias Peter testet das Rollstuhlfahren.

Foto: (h_sab )
 Carola Schulz organisiert sonst Kanutouren auf der Saar. Jetzt erlebt sie die Welt als Blinde. TV-Fotos (2): Marion Maier

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Tobias Peter ruft: "Jetzt verstehe ich das mit den sechs Prozent!" Im Rollstuhl sitzend versucht der junge Mann, sich auf dem Parkplatz des Restaurants Klostermühle in Ockfen ein kleines Stück hochzudrücken. Nur mit äußerster Kraftanstrengung kommt er vorwärts.

Was er verstanden hat: Die Steigung der Rampen für Rollstuhlfahrer darf laut Vorschrift maximal sechs Prozent betragen. Tobias Peter sagt: "Die Steigung war kaum zu schaffen. Das hätte ich nicht gedacht!" Peter ist Mitarbeiter der Saarburger Sesselbahn und nimmt wie 20 andere am Sensibilisierungsseminar zum barrierefreien Reisen der Saar-Obermosel-Touristik in Ockfen teil. In dem Seminar geht es um Marktpotenziale, um die Bedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen und um Lösungsansätze zur Verbesserung von Barrierefreiheit.
Zu dem Seminar gehört auch, dass sich die Teilnehmer in die Lage von Menschen mit Handicap versetzen und zum Beispiel Rollstuhl fahren. Sie können sich auch Ohrschützer für eine Hörschädigung oder Simulationsbrillen für bestimmte Augenkrankheiten anziehen.

Carola Schulz vom Schodener Unternehmen Kanu Saarfari, die Touren auf der unteren Saar anbieten, geht aufs Ganze. Mit übergezogener Augenmaske und Blindenstock macht sie sich in Begleitung von Seminarleiterin Sina Gelhard von der Rheinland-Pfalz-Tourismus GmbH auf den Weg nach draußen. Auf dem Parkplatz tastet sie vorsichtig das Gelände vor sich mit dem Stock ab. Als sie ein großes Hindernis erfühlt, bleibt sie erst einmal stehen. Gelhard erklärt ihr, dass ein Auto vor ihr steht und sie rechts daran vorbei muss. Mit einigen weiteren Hinweisen schafft Schulz es schließlich, zu einer Treppe am Parkplatzrand zu gelangen und diese zu erklimmen.
Sie sagt: "Die Treppe ging mit Geländer ganz gut. Aber ansonsten war es schwierig zu entscheiden, wie ich um ein Hindernis herumkomme. Und das, obwohl ich das Gelände kenne. Die Hinweise waren wichtig."
Verunsicherung habe sie gespürt, aber auch den Wind stärker wahrgenommen.

Über diese Erfahrungen wird im Seminar anschließend geredet. Die Teilnehmer sind Inhaber von Hotels und Pensionen, touristischen Freizeiteinrichtungen und zwei Ortsbürgermeister. Sie lernen, dass es für Rollstuhlfahrer und ältere Menschen angenehmer ist, wenn sie beim Reden sitzen können. Sie erfahren, dass für Menschen mit Sinneseinschränkungen eine gut ausgeleuchtete, blendefreie und geräuscharme Umgebung wichtig ist. Sie lernen, dass 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung spürbare Mobilitäts- und Sinneseinschränkungen haben und dass diese als Gäste besonders treu sind. Sie lernen auch, dass barrierefreier Tourismus für zehn Prozent der Bevölkerung unentbehrlich ist und dass er für alle mehr Komfort bedeutet.

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