Vom Bass zum Tenor

IRSCH/SAAR. Wenn Paul Thiel aus vollem Hals ein Lied erklingen lässt, wundert es ihn manchmal selbst, wie gut das noch klappt. Seit immerhin sechs Jahrzehnten benutzt der 76-Jährige aus Irsch seine Stimmbänder zur Ausübung seines Gesangs.

Paul Thiel ist Bürger von Irsch, und zwar mit Leib und Seele. "Um nichts in der Welt wäre ich hier weggegangen", sagt er. Die Vehemenz in seiner Stimme lässt es durchaus glaubhaft erscheinen, wenngleich der Mann aus der Büsterstraße gewissermaßen keine andere Wahl hatte. Denn einerseits ist auch Gattin Rosmarie überzeugte Irscher Bürgerin, andererseits stand der 76-Jährige schon früh mit beiden Beinen fest im Vereinsleben der Gemeinde. An erster Stelle steht für Thiel heute der Gesang. Seit 60 Jahren erhebt er inzwischen seine Stimme. 1945 wurde er Mitglied im Kirchenchor, zwei Jahre später stand er auch in den Reihen des Männergesangvereins "Liedertafel". Eine Anlaufzeit habe er in beiden Fällen nicht gebraucht, sagt er. Während Thiel im Kirchenchor anfangs als Bass eingesetzt wurde, schätzten die Kollegen von der "Liedertafel" hingegen seinen glasklaren Tenor. Irgendwann sei er aber zu dem Schluss gekommen, "dass beides zusammen nicht funktioniert." Seither singe er auch die Choräle um einige Oktaven höher. Auch heute noch scheue er sich keineswegs, das eine oder andere Solo erklingen zu lassen. Allerdings sei das nicht selbstverständlich. "Manchmal wundert es mich ein wenig, wie gut das mit meiner Stimme noch klappt." Seine Treue zum Chorgesang hat dem 76-Jährigen inzwischen neben anderen Auszeichnungen auch den Ehrenausweis des Deutschen Sängerbundes eingebracht - abgesehen von der Bewunderung seiner Musikerkollegen. Fast 20 Jahre lang, nämlich von 1966 bis 1985, war Paul Thiel Vorsitzender des Kirchenchors. Unverzichtbar ist der einstige Versicherungsangestellte für das Irscher Vereinsleben aber nicht nur wegen seiner Stimmgewalt. Ohne Thiels Zutun würde heute vermutlich niemand von der Karnevalsgesellschaft "Närrisches Saarschiff" reden, an deren Gründung er im Jahr 1954 maßgeblich beteiligt war. Denn "die Idee mit dem Namen kam von mir", berichtet der Ehrenpräsident der Irscher Karnevalisten. "Bei einem Karnevalsumzug in Trier sah ich einen Motivwagen, der den Titel ‚Lustiges Moselschiff' trug." Daraus habe sich die mittlerweile weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannte Bezeichnung für die Fastnachtsverrückten aus der Saargemeinde entwickelt. Rund 30 Jahre lang war Thiel Sitzungspräsident, bevor er den Job 1987 einem anderen überließ. "Ich erkannte, dass es Zeit war, damit aufzuhören", sagt er. Als Dank für seine Verdienste ernannten ihn die Irscher Gecken zum Ehrenpräsident. Auch vom "Bund Deutscher Karneval" wurde Thiel mit einem Orden dekoriert. Damit sind der Aktivitäten des 76-Jährigen noch nicht genug. Seit fast 50 Jahren ist er auch dem Sportverein treu - allerdings nur als inaktives Mitglied. Schließlich könne man nicht alles machen, so Thiel. Was er aber auf jeden Fall weiter machen wolle, sei das Singen, "und zwar so lange ich kann und die Gesundheit mitspielt."

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