Wenn der Zug an Zugkraft verliert. . .

KONZ/SAARBURG. Nicht im Frühling oder Sommer, sondern in der Fünften Jahreszeit taucht ein Großteil der hiesigen Bevölkerung so richtig ins Leben ein. Dabei scheint die Bereitschaft, sich im Karnevalsverein oder beim Umzug zu engagieren, örtlich unterschiedlich ausgeprägt zu sein. Während in Saarburg die Welt noch in Ordnung zu sein scheint, müssen die Konzer um "Mitläufer" bei ihrem Umzug werben.

Eine gute Portion Idealismus benötigen die Aktiven vor und hinter der Bühne des Karneval- und Theaterclubs Konz (KCK) zurzeit wohl besonders: Zur Prunksitzung am vergangenen Samstagabend in der Festhalle des Gymnasiums Konz kamen gerade einmal 150 Besucher. Etliche Stühle blieben frei in der Halle, die 450 Menschen (sitzend) unterbringt. Für die zweite Sitzung am kommenden Samstag seien 250 Karten verkauft worden, berichtet KCK-Sitzungspräsident Sven Gaab. In den 80er-Jahren habe der Verein auch schon mal fünf Abende angeboten, inzwischen sind es noch zwei.Nur ein Termin lohnt sich nicht

Mit einem einzigen Termin wäre die Halle wahrscheinlich weniger verwaist - trotzdem wird es auch in Zukunft bei den beiden Samstagen bleiben. "Nur eine Sitzung - da spielen unsere Aktiven nicht mit. Dafür lohnt sich die ganze Arbeit im Vorfeld nicht", sagt der Sitzungspräsident. Und wo sollen die vielen Zuschauer von früher geblieben sein? "Die Besucherzahlen der Sitzungen sind allgemein seit Jahren rückläufig", meint Sven Gaab. "Das Interesse am Saal-Karneval hat abgenommen." Das Publikum sei verwöhnt durchs Fernsehen, ist Gaabs Überzeugung. "Die Leute gehen nicht mehr raus." Dass teilweise andernorts die Sitzungen besser besucht sind, erklärt er auf seine Weise: "Da spielt sich das in kleineren Hallen ab. Außerdem werden häufig Karten verschenkt, damit das Bild gewahrt bleibt." Finanziell gebe es dennoch keine ernsthaften Probleme für den KCK. "Sponsorengelder sind zwar zum Teil weggebrochen, bis jetzt kommen wir aber über die Runden." Auch an Nachwuchs mangele es nicht. "Wir haben zwölf Redner, die im Hintergrund bereit stehen und haben vor sieben Jahren mit der Kindergarde begonnen. Da kommen immer Leute nach." Das kann Achim Rohn, Präsident des KC Roscheid und Organisator des Konzer Umzugs, nicht behaupten: "Vor fünf, sechs Jahren hatten wir noch an die 70 Gruppen und Wagen. In diesem Jahr sind es noch keine 40." Erstmals seien das Haus der Jugend und das Kolpingheim nicht mehr dabei. Von ehemals fünf Musik-Kapellen ginge heute nur noch der MV Concordia Konz mit. "Die meisten Wagen haben ihre eigene Musik, da werden die Kapellen nur übertönt", meint Rohn. Allgemein gesunkene Lust auf Umzüge, aber auch die vielen kleinen Umzüge in den benachbarten Gemeinden macht Rohn für das rückläufige Interesse am Konzer Zug verantwortlich. Aufgegeben hat Rohn indes noch nicht: Als belebendes Element wird nach drei Jahren in diesem Jahr wieder ein Zelt auf dem Rathausplatz stehen, in dem die Jecken nach dem Zug feiern können.Wieder ein Zelt vor dem Rathaus

Keineswegs "sitzungs- und zugmüde" hingegen sind die Saarburger. Vier ausverkaufte Sitzungen mit insgesamt 2000 Zuschauern lautet auch in diesem Jahr wieder die Bilanz der Karnevalsgesellschaft Hau-Ruck. "Wir sind schon häufiger angesprochen worden, noch einen weiteren Abend anzubieten", sagt Sitzungspräsident Roland Hoffmann. "Aber es ist vielleicht gar nicht so schlecht, wenn man den Markt verknappt." "Ein bisschen Bammel" habe er in diesem Jahr davor gehabt, dass der Zuspruch nicht mehr so groß sein könnte. "Von jemandem, der in Köln wohnt, hatte ich gehört, dass es selbst dort in der Karnevalshochburg Einbrüche bei den Sitzungen gegeben hat." Roland Hoffmann glaubt jedoch, dass die Mühe des Vereins gewürdigt wird. "Wir versuchen, ein gewisses Niveau zu halten und nicht unter die Gürtellinie zu gehen. Ich glaube, dass sich das langfristig auszahlt." Apropos auszahlt: Finanziell komme der Hau-Ruck nach wie vor gut über die Runden. In diesem Jahr habe der Verein den Eintritt von elf auf 13 Euro erhöht. "Das war aber beim Publikum kein Thema", sagt Hoffmann. Wichtig sei jedoch gewesen, die Getränke-Preise nicht anzuheben. Um den Nachwuchs müsse sich der Verein keine Sorgen machen. "Allein für die Ballettgruppen haben wir 40 neue, junge Leute rekrutieren können." Habe der Altersschnitt im Verein lange Zeit bei 50 Jahren gelegen, so liege er inzwischen bei 35 Jahren. Auf große Resonanz bei Aktiven wie Zuschauern stößt auch der Saarburger Nachtumzug, den der Verein "Saarburger Fastnacht" um Richard Fuhs und Stefan Kölling seit dem Jahr 2000 organisiert. 30 Wagen- und Fußgruppen gehen mit, darunter die Saarburger Vereine, das Hofgut Serrig, der Gewerbeverband und erstmals die französische Garnison. "Selbst aus dem Saarland sind Gruppen dabei, und auch der Eishockeyfan-Club aus Trier geht mit", sagt Fuhs. Die Saarburger Gastronomie sowie weitere Gewerbetreibende unterstützten den Umzug großzügig - auf dass "das Volk" es genieße: 1000 Liter Wein (Kosten 2400 Euro) werden auf alle teilnehmenden Gruppen verteilt. Und für 3000 Euro dürfen sich die Jecken die Süßigkeiten auf der Zunge zergehen lassen. . .

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