Wer rüber will, braucht Geduld

TEMMELS. Macht sich der kleine Marcel Arzt auf den Weg zu seinen Freunden im Dorf, braucht er dafür schon etwas Zeit. Und starke Nerven. Grund ist die neue Vorfahrtsregelung an der zwei Kilometer entfernten Moselbrücke in Wellen.

Fast jeden Tag ist der neunjährige Marcel Arzt mit seinem orange-gelben Mountainbike im Ort unterwegs. Zur Sicherheit trägt er immer einen Fahrradhelm. "Man weiß ja nie, was passiert", sagt er. Will er zu seinen Freunden ins Unterdorf, muss er die Bundesstraße 419 überqueren. "Das war wegen der Verkehrsdichte und der vielen Raser immer schon eine heikle Angelegenheit", berichtet Mama Doris. Seit mehr als drei Monaten habe sich die Situation jedoch deutlich verschärft. Bis Dezember 2003 habe ein kilometerlanger Stau täglich tausende Berufspendler auf ihrem Nachhauseweg vom benachbarten Luxemburg nach Temmels geärgert. Bis zu einer Viertelstunde mussten sie für die Zwangspause am Nadelöhr Wellener Moselbrücke einkalkulieren.Bürger sorgen sich

Mitte Dezember vergangenen Jahres nahm dieser Spuk ein Ende: Die Vorfahrtsregelung wurde geändert. Autofahrer, die von der Brücke kommen und in Richtung Trier fahren, brauchen nicht mehr an der Kreuzung zur B 419 anzuhalten. "Der Stau ist verschwunden", sagt Walter Conzem, Bürgermeister von Wellen. Auch den befürchteten Stau aus Richtung Nittel habe er bislang nicht beobachtet. "Ich hätte nie gedacht, dass das so gut funktioniert." Auf ihrem Weg Richtung Trier rollt die Blechlawine mitten durch das benachbarte Temmels. Besonders in der Zeit zwischen 16 und 20 Uhr finden Fußgänger kaum eine Lücke zwischen den vielen Fahrzeugen. Nur selten hält ein Fahrer an. Vor einigen Jahren wurden Querungshilfen in Form kleiner Verkehrsinseln gebaut. "Doch schon öfter sind Autofahrer aus Unachtsamkeit über die eher unscheinbaren Gebilde hinweggebraust", berichtete Gemeinderatsmitglied Stephan Peters in der jüngsten Sitzung. Ortsbürgermeister Joachim Mimler hat eine Lösung parat: Zebrastreifen. Ein Schreiben, in dem er der Kreisverwaltung diesen Vorschlag unterbreitete, stieß bei der Behörde jedoch auf Ablehnung. Die Inseln seien als Hinweis auf Fußgänger, die über die Straße möchten, ausreichend. Wolfgang Hein von der Polizei Saarburg und dort zuständig für Verkehrserziehung: "Ich könnte mir vorstellen, dass der Fall Temmels zum Problem wird." Querungshilfen seien eine gute Sache. Eine Verpflichtung zum Anhalten bedeuteten sie allerdings für die Autofahrer nicht. Um das zu erwirken, müsse ein Zebrastreifen her. Eine Alternative sei das Aufstellen des Gefahrenschildes "Fußgänger queren". Das Zeichen mit der Katalognummer L 133 der Straßenverkehrsordnung habe zwar auch nur hinweisenden Charakter. "Doch man könnte damit die Gefahrenstelle zusätzlich kennzeichnen", meint der Ordnungshüter. Bisher ist glücklicherweise noch niemand auf der viel befahrenen Verkehrsader innerhalb des Ortes zu Schaden gekommen. Dennoch sorgen sich einige Temmelser. Und auch der kleine Marcel wartet lieber, bis einer freiwillig anhält. Das schont nicht nur seine Nerven, sondern auch die von Mama Doris. "Und außerdem", sagt der Junge mit dem orange-gelben Fahrrad, "trage ich zur Sicherheit meinen Helm". Lesen Sie morgen in der Serie "Trier-Saarburg - ganz nah" einen Bericht über das Konzer Seniorenhaus "Zur Buche".

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