Zwischen Optimismus und Zweifeln

SCHWEICH. In der Jahreshauptversammlung des Kreisbauern- und Winzerverbandes im Schweicher "Leinenhof" hatten Informationen und aktuelle Themen den Vorrang. Regularien standen bei dem Treffen nicht auf der Tagesordnung.

Die angekündigte "Hauptperson" bei dieser äußerst gut besuchten Versammlung musste Kreisvorsitzender Walter Clüsserath schon bei seinem Grußwort "abmoderieren". Leo Blum, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, hatte wegen eines dringenden Verhandlungstermins nicht kommen können. Er wurde vertreten durch seinen Vize Michael Horper. Clüsseraths besondere Grüße galten Blums Vorgänger, Ökonomierat Günther Schartz senior, Landwirtschaftskammer-Präsident MdB Norbert Schindler, Landrat a. D. Richard Groß und dessen Nachfolger Günther Schartz junior. Vizepräsident Horper, gerade von der Grünen Woche in Berlin zurück, sprach von einem "unerklärlichen Optimismus", der in den Berliner Messehallen zu verspüren gewesen sei. Tatsächlich habe sich im Weinbau die Situation wieder verbessert. Das große Sorgenkind in der Landwirtschaft sei die Milch und die Frage, wie es dort mit der Milchquote und der Mengenbegrenzung weitergehe. "Mit Skepsis in die Zukunft" schaute Landrat Günther Schartz. Zwar habe sich die Abwärtsentwicklung beim Wein etwas abgeschwächt, aber bekannt seien auch die strukturellen Probleme und die zunehmende Flächenstilllegung bei der regionalen Landwirtschaft. "Bei mir ist das Glas immer halb voll"

Zu Mut und Optimismus rief Kammer-Präsident Norbert Schindler auf - frei nach seiner Devise "Bei mir ist das Glas immer halb voll!" Besondere Chancen sah er für die Rieslingwirtschaft in der Weinbauregion um Trier. "Es gibt da eine neue Welle - es wird wieder Riesling getrunken." Die Weinbauregion Trier müsse in der internationalen Weißweinwirtschaft weiter ein Wort mitreden können. Der Landwirt der Zukunft wird nach Schindlers Auffassung drei Aufgaben erfüllen: als traditioneller Nahrungsmittelproduzent, als Umweltbetreuer und als Produzent von erneuerbaren Energien. Er warnte vor dem Hintergrund der Globalisierung vor einem weiteren Rückbau der europäischen Landwirtschaft. Als warnendes Beispiel nannte er den Rückzug der deutschen Stahlindustrie. Schindler: "Der Stahl wird nun in China produziert, und bei uns fehlen die Kapazitäten. Gott schütze uns vor solchen Lenkern." Außerdem plädierte er in Zeiten knapper werdender fossiler Brennstoffe für den Ausbau der Bioenergie und gegen eine Versteuerung reiner Biokraftstoffe. Wenn der Ölpreis einmal auf 100 Dollar die Tonne steige, müsse Deutschland gerüstet sein. Auch sprach sich der Kammerpräsident und Bundestagsabgeordnete dafür aus, die Lebensmittel - analog der Wohnungsmieten - von der Mehrwertsteuer zu befreien, obwohl "dies wohl kaum durchsetzbar ist". Weiten Raum nahm schließlich das Thema "Sozialversicherungspflicht für polnische Saisonarbeitskräfte" ein, von dem besonders der Weinbau sowie der Obst- und Spargelanbau ab 2006 betroffen sein werden. Die neuerdings vorgeschriebenen Sozialabgaben/-abzüge müssen von den deutschen Arbeitgebern künftig nach Polen überwiesen werden. Nach Auffassung der Landwirte eine unselige Entwicklung. Sie werde die polnischen Helfer abschrecken, für die sich die Saisonarbeit in Deutschland dann kaum noch lohne. Und das ursprüngliche Ziel, nämlich deutsche Arbeitslose mit Kurzzeit-Jobs zu versorgen, werde auch verfehlt. "Für Arbeiten wie Spargel stechen oder Weinlese in der Steillage sind deutsche Arbeitslose nicht zu haben - dies zeigt die Erfahrung", so der Tenor. Resolution an Bundesminister

Dass es auch anders gehe, zeige Luxemburg, wo eine einfache Anmeldung der Helfer bei der Ortsgemeinde ausreiche. Schon zu Beginn der Versammlung hatte Kreisgeschäftsführer Gerhard Brenner dazu aufgerufen, eine Resolution der deutschen Weinbauverbände zu unterschreiben. Gefordert wird darin der unverändert freie Zugang für polnische Saisonarbeiter nach Deutschland. Diese Resolution soll Bundes-Sozialminister Franz Müntefering und Bundes-Landwirtschaftsminister Horst Seehofer übergeben werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort