30 Millionen für den Codex Egberti

Die Stadt Trier hat Inventur gemacht. Der gesamte städtische Besitz von Straßen und Immobilien über wertvolle Kunstschätze bis zu jeder einzelnen Wildsau im Stadtwald wurde erfasst.

 Der Codex Egberti wird auf 30 Millionen Euro geschätzt und ist damit in ein wertvolles Stück in der Trierer Eröffnungsbilanz zur Doppik. Allerdings ist er unverkäuflich. Foto: privat

Der Codex Egberti wird auf 30 Millionen Euro geschätzt und ist damit in ein wertvolles Stück in der Trierer Eröffnungsbilanz zur Doppik. Allerdings ist er unverkäuflich. Foto: privat

Trier. Die Kassenführung einer Großstadt ist wahrhaftig keine Gute-Nacht-Lektüre, sondern ein Fall für Spezialisten. Ein typischer Haushaltsplan versprüht den Charme einer Doktorarbeit über die Truppenverpflegung während des Schmalkaldischen Kriegs: ein dicker Wälzer mit einem Ozean aus Zahlen, den nur wenige Experten komplett erfassen. Doch das soll anders werden. Gestern legte Oberbürgermeister Klaus Jensen dem Stadtrat eine Bilanz vor, die es in dieser Form noch nie gegeben hat.

Denn der städtische Haushalt basiert seit Januar 2009 auf einem neuen Rechnungswesen und bilanziert Soll und Haben seitdem auf der Basis der kaufmännischen doppelten Buchführung in Konten (Doppik, siehe auch Hintergrund).

Zur Einführung der Doppik gehört eine Eröffnungsbilanz. Zum ersten Mal wird in diesem Werk der gesamte kommunale Besitz zusammengetragen und den Schulden gegenübergestellt.

Das Vermögen: Der gesamte Trierer Besitz ist 1,39 Milliarden Euro wert. Dieser Wert ist allerdings pure Theorie. Denn die Stadt besitzt Dinge, die ihr niemals jemand abkaufen wird: 600 Kilometer Straßen und Wege (578 Millionen Euro) sowie 672 Gebäude (285 Millionen Euro). Dazu kommen Schätze, die Trier auf keinen Fall verkaufen will. Zu den Kunstgegenständen, die insgesamt einen Wert von 231 Millionen Euro ausmachen, gehört der Codex Egberti, ein Hauptwerk der Buchkunst aus dem Jahr 1000, das den frühesten Bildzyklus aus dem Leben von Jesus Christus zeigt. 30 Millionen ist der Codex wert, gefolgt vom Ada Evangeliar aus dem achten Jahrhundert mit 20 Millionen und der Trierer Apokalypse mit 15 Millionen Euro.

Die Schulden: Während die Haben-Seite unverkäufliche Werte umfasst, sind die Schulden nur allzu real. 480 Millionen Euro Verbindlichkeiten aus Krediten, Pensionsrückstellungen in Höhe von 125 Millionen Euro und 440 Millionen Euro an Zuwendungen, Beiträgen und Entgelten ergeben zusammen 1,05 Milliarden Euro.

Das Ergebnis: Zieht man die Schulden vom Vermögen ab, bleiben 337 Millionen Euro auf der Haben-Seite stehen. "Das wäre schön", sagt Oberbürgermeister Klaus Jensen. "Doch diese doppische Bilanz soll keine tatsächlich abrufbaren Mittel darstellen, sondern abbilden, was sich finanziell in der Stadt abspielt, wie Besitz und Verschuldung aussehen und was Verwaltungsleistungen und Produkte kosten." Fernab der Theorie bleibt Trier hoch verschuldet. Am 16. Dezember wird der Stadtrat sich mit dem Haushaltsplan 2010 beschäftigen, unter dem ein Minus von 67 Millionen Euro steht.

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