Alte Kaserne eröffnet Perspektiven

HEILIGKREUZ. "Immer, wenn etwas passiert, werden wir beschuldigt", sagt Alisa Berg (14). Ihre Clique wehrt sich dagegen, oft für etwas herhalten zu müssen, wofür sie nicht verantwortlich ist. Heiligkreuz hat ein Jugendproblem, aber vielleicht auch eine Chance, es zu lösen.

 Alltag in Heiligkreuz: Die Jugendlichen treffen sich seit Jahren bei Wind und Wetter im Freien.Foto: Cordula Fischer

Alltag in Heiligkreuz: Die Jugendlichen treffen sich seit Jahren bei Wind und Wetter im Freien.Foto: Cordula Fischer

Seit Jahren steht das Thema "Jugend" regelmäßig auf der Tagesordnung des Ortsbeirats. Auch Ortsvorsteherin Elisabeth Ruschel versucht zu helfen, zu schlichten und ist zur Stelle, wenn sich wieder einmal erboste Anwohnern beschweren. "Viele Bürger trauen sich nicht, die Jugendlichen selbst anzusprechen", sagt sie. Die Gruppen treffen sich mit Vorliebe am Kirchplatz. Oft ist Alkohol im Spiel. Folge: Lärm, Sachbeschädigungen, Berge von Müll. Dem wirkten mehrere Platzverweise entgegen, wie sie die Polizei im März verhängte. Vom Weiher wieder zurück zur Kirche

Das allerdings konnte das Problem auch nicht lösen. Neue Treffpunkte waren Bushaltestellen, der Hof der Grundschule, die Mattheiser Weiher oder der alte Spielplatz an der Franz-Buß-Straße; mittlerweile sitzen die Jugendlichen auch wieder am Kirchplatz. "Wir sind enttäuscht vom Ortsbeirat. Seit drei Jahren wird versprochen, dass ein Jugendraum für uns gesucht wird", sagen sie. Auch von der Pfarrei erfahren sie wenig Entgegenkommen. Der Jugendraum im Pfarrheim ist für sie tabu. Pastor Georg Goeres sagt: "Grundsätzlich gibt es in Gaststätten die Möglichkeit, sich im Warmen zu treffen. Auf den Handel, dass der Jugendraum völlig ohne einen Verantwortlichen frei gegeben wird, will ich mich nicht einlassen." Die Jugendlichen signalisieren, sich an Regeln halten zu wollen. "Aber wir bekommen ja noch nicht einmal eine Chance, das zu beweisen. Wenn erst in zehn Jahren etwas passiert, sind wir dafür längst zu alt", bedauert Marc Gerhard (19). Die Einrichtung eines Jugendtreffs wurde tatsächlich schon öfter ins Auge gefasst, aber nach erneuten Vorfällen vom Ortsbeirat immer wieder abgelehnt. Gesprächsrunden mit Stadtjugendpfleger Wolfgang Gleim und Roman Schmitz (Kriminalpräventiver Rat) konnten noch keine konkreten Maßnahmen auf den Weg bringen. Und Polizei-Hauptkommissar Karl Kronenburg sieht sich außerstande, die nötige Präsenz zu zeigen, um die Situation zu entschärfen. Als zuständiger Beamte im Kriminal- und Bezirksdienst betreut er derzeit fünf Stadtteile. Folge: Der Ortsbeirat beantragte beim Rathaus die Finanzierung eines Streetworkers. "Das entlässt aber niemanden aus der Verantwortung, etwas zu tun", fordert Kronenburg weiteres Engagement von Politikern, Vereinen, der Pfarrei und Eltern. Auch das Bürgergutachten für Heiligkreuz vermerkt den dringenden Handlungsbedarf. Weil Papier aber geduldig ist, müssen andere Wege beschritten werden, um konkret tätig zu werden. "Einige Eltern haben Interesse bekundet, an einer Lösung mit zu arbeiten. Um das Engagement besser bündeln zu können, ist einen Bürgerverein geplant", berichtet Elisabeth Ruschel. Eine Kooperation auf kommunalpolitischer Ebene kann ebenfalls förderlich sein. Hauptkommissar Kronenburg traf sich am Montag mit Elisabeth Ruschel und Michael Jacoby, Ortsvorsteher von Feyen/ Weismark, zu einer Besichtigung auf dem ehemaligen französischen Kasernengelände Castelnau. Dort nagt der Leerstand an der Bausubstanz. Sporthalle und ehemaliges Kasino könnten mit wenig Geld hergerichtet werden. Die Vision: in der Halle eine Skateranlage aufbauen und nebenan eine Art offenen Treff einrichten. Wenn es gelingt, die Räume zu bekommen und sich Aufsichtspersonen finden lassen, sollen die Jugendlichen selbst beim Aufbau mithelfen und so lernen, Verantwortung für ihr Domizil zu übernehmen. "Aber wenn hier nicht bald etwas unternommen wird, sind die Gebäude nicht mehr zu nutzen", fürchtet Kronenburg. Die beteiligten Ortsvorsteher müssten bald Verhandlungen mit dem Bundesvermögensamt, Eigentümer des Komplexes, aufnehmen, damit das Vorhaben nicht nur eine Vision bleibt. Am Montag in unserer Serie: Heiligkreuz und seine Verkehrsprobleme.

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