Arbeit unter dem Dach der Demografie

Die Generation 60 Plus kommt. Der demografische Wandel stellt auch Betriebe vor besondere Herausforderungen. In Modell-Betrieben in Rheinland-Pfalz wurde das Projekt "Alter" der TBS gGmbH Rheinland-Pfalz (Technologie Beratungsstelle beim Deutschen Gewerkschaftsbund) durchgeführt, um Unternehmen auf ältere Belegschaften vorzubereiten. Bei einer Tagung der TBS in Trier zum Thema "Gute Arbeit gestalten" wurden Ergebnisse der Pilotprojekte vorgestellt.

 Um 40 Jahre gealtert: Im Alters-Simulations-Anzug fallen dem trainierten Marathon-Läufer Horst Stuhlfauth einfache Tätigkeiten, wie Münzen aus der Geldbörse abzählen, schwer. TV-Foto: Cordula Fischer

Um 40 Jahre gealtert: Im Alters-Simulations-Anzug fallen dem trainierten Marathon-Läufer Horst Stuhlfauth einfache Tätigkeiten, wie Münzen aus der Geldbörse abzählen, schwer. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier. (cofi) Horst Stuhlfauth ist durchtrainiert, als Marathon-Läufer und Taucher körperlich fit. Dass er gebrechlich und gebremst in Kraft und Beweglichkeit wirkt und sich um 40 Jahre gealtert fühlt, liegt an einem Alters-Simulations-Anzug. "So fühlt es sich an, alt zu sein. Das ist schon beängstigend", sagt er. Mitgebracht zur TBS-Tagung hat den Anzug mit 13 Kilo Gewicht, gelenkversteifenden Protektoren, Handschuhen, Kopfhörer und sichteinschränkender Brille Roland Schoeffel, Firmengründer der SD&C GmbH, deren Schwerpunkt auf der Entwicklung von Mensch-Maschinen-Schnittstellen liegt. "Es ist nicht unwichtig für Unternehmen zu verstehen, welche Konsequenzen die Erhöhung des Rentenalters nach sich zieht", sagt Schoeffel. Das ist unter anderem die Anpassung des Arbeitsfeldes an Bedürfnisse älterer Belegschaften.

Die dazu nötigen Veränderungen mitzubegleiten, dazu ist die TBS angetreten, die im Projekt "Alter" (Alternative Konzepte der Personalpolitik mit alternden Belegschaften) seit über einem Jahr Modellbetriebe berät, wie Folgen des demografischen Wandels betrieblich aufgefangen und in gute und zukunftsfähige Arbeit und Arbeitsbedingungen umgesetzt werden können. Beteiligt haben sich Krankenhäuser, Automobilzulieferer und eine Brauerei. Zur Mitarbeit sind Personal- und Betriebsräte gefordert, ebenso aber auch Beschäftigte und Führungskräfte. Nur so könne ein Unternehmen zum "demografie-stabilen Betrieb" werden, sagt TBS-Mitarbeiter Hermann Schäfer. Zu begreifen, dass es eine "Verschleuderung von Ressourcen" bedeute, an "tradierten Mentalitäten" auf Mitarbeiter- und Führungsebene festzuhalten, Beschäftigte möglichst früh loszuwerden und sich möglichst früh aus der Arbeit zu retten, erklärten Schäfer und seine Kollegin Katrin Eder.

Theo Scholtes (Personalkoordination) und Wolfgang Lorse (Betriebsratsvorsitzender) von der Bitburger Braugruppe haben in ihrem Unternehmen am Projekt "Alter" teilgenommen und einen Erfahrungsbericht bei der Tagung gegeben. "Mitarbeiter sind motiviert, bis 67 zu arbeiten, wenn die Bedingungen dazu geschaffen werden", sagt Lorse. Das seien unter anderem Angebote zu Stressbewältigung und Zeitmanagement, eine veränderte Führungs- und Unternehmenskultur und mehr. Den Wunsch in die Wirklichkeit umzusetzen, daran würden sie weiter arbeiten, auch nach Ablauf des Projektes Ende des Jahres.

"Gute Arbeit heißt zukunftsfähige Arbeit, das heißt altersgerechte Arbeit", sagt Landes-Arbeits-Ministerin Malu Dreyer. Geringere Geburtenzahlen und steigende Lebenserwartung - das sind die Herausforderungen, auf die sich Unternehmen strategisch einstellen müssten. Deshalb unterstützt das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen Ansätze wie den des TBS-Projektes. Es sei aber noch viel Überzeugungsarbeit nötig, damit das zur betrieblichen Realität wird.

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