Aus dem Rollstuhl hinters Lenkrad

TRIER. Wenn behinderte Menschen ihren Führerschein machen wollen, dann scheitert das häufig am passenden Fahrschulauto. Denn in der Region Trier existiert kein Fahrzeug, das für Betroffene und Fahrlehrer gleichermaßen ausgestattet ist.

 Auf der Suche nach der richtigen Fahrschule: Bekim Mehani will seinen Führerschein machen.Foto: Marcus Stölb

Auf der Suche nach der richtigen Fahrschule: Bekim Mehani will seinen Führerschein machen.Foto: Marcus Stölb

Wenn ein Mann mit 29 Jahren noch keinen Führerschein hat, dann ist er hierzulande eine Ausnahmeerscheinung. Oder aber er ist behindert. So wie Bekim Mehani, der seit einem schweren Verkehrsunfall vor neun Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist. Der heute Querschnittsgelähmte war damals Beifahrer. Doch jetzt will der junge Mann selbst hinters Steuer, und er muss es, will er seine Frau und seinen Sohn häufiger sehen. Denn Mehanis Familie lebt in Trier, während er in Bitburg eine Ausbildung beim Europäischen Berufsbildungswerk absolviert. Von Trier bis Bitburg fährt man mit dem PKW in einer guten halben Stunde, doch muss man auch fahren können. Mehani jedoch hat weder ein Auto noch einen Führerschein. Dabei ist er motiviert: "Ich hätte den Führerschein schon im Dezember gemacht", sagt er. Doch weder in Trier noch in Bitburg fand er eine Fahrschule, die auf behinderte Menschen wirklich eingestellt ist. Tatsächlich existiert in der Region Trier nicht ein Fahrzeug, das behindertengerecht umgebaut ist und zudem die notwendigen Vorrichtungen für den Fahrlehrer bereit hält. Die Nachfrage nach einem solchen Fahrzeug ist so gering, dass kein privater Unternehmer die Investition wagt. Wie wenig ausgelastet ein behindertengerechtes Fahrschulauto sein kann, erlebte auch der "Club Aktiv": Bis vor einigen Jahren verfügte der Trierer Behindertenverband über ein solches Fahrzeug, das auf Wunsch verliehen wurde. "Es gab zwar einige Anfragen, aber ihren Führerschein haben mit diesem Auto innerhalb von fünf Jahren nur drei oder vier Personen gemacht", erinnert sich Geschäftsführer Paul Haubrich. Deshalb habe man auf dieses Angebot wieder verzichtet. Seither stehen behinderte Menschen aus der Region Trier, die ihren Führerschein machen wollen, regelmäßig vor einem Problem: Sie finden keine Fahrschule. Dabei scheitert es eigentlich "nur" am Fahrzeug, denn grundsätzlich sei jeder Fahrlehrer dazu in der Lage, einen behinderten Menschen auszubilden, sagt Erwin Breitwieser. Hilfe: Ferienkursus in einer anderen Stadt

Breitwieser ist Behindertenbeauftragter des Fahrlehrerverbands Rheinland und müht sich nach Kräften, behinderten Menschen zum Führerschein zu verhelfen. Doch auch er kann nicht verhehlen, dass den Betroffenen meist nur ein Ferienkursus in einer anderen Stadt weiterhilft. "Grundsätzlich empfehle ich, die Theorie im Heimatort zu machen und für die Praxis dann zehn bis 14 Tage in einer anderen Stadt einzuplanen", sagt Breitwieser. Er weist auf die technischen Veränderungen hin, die ein behindertengerechtes Fahrzeug benötigt: so muss für Querschnittsgelähmte eine Handgasvorrichtung eingebaut werden; der Fahrer beschleunigt und bremst dann vergleichbar einem Motorradfahrer. Ferner müssen Licht- und Blinklichtschalter häufig anders angeordnet werden. "Es gibt ungezählte Möglichkeiten, und jedes Fahrzeug muss individuell eingestellt werden", erklärt Breitwieser. Das alles habe auch seinen Preis, doch bewege der sich noch im Rahmen des Zumutbaren; um die 1000 Euro koste die Umrüstung für Querschnittsgelähmte. Unter Umständen gebe es auch Zuschüsse vom Arbeitsamt oder den Bundes- beziehungsweise Landesversicherungsanstalten. Allerdings ist behinderten- noch nicht fahrlehrergerecht, weshalb Menschen wie Bekim Mehani meist doch nur ein Ferienkursus in einer anderer Stadt übrig bleibt. Erwin Breitwieser, Telefon 06358/354 oder 0171/7759896, gibt auf Wunsch Tipps und empfiehlt zusätzlich das Buch "Motorfahrzeuge für Behinderte" von Leo Sparty.

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