Aus der Unterwelt auf den Hügel

TRIER. "Aufstieg" für einen populären Landesmuseums-Mitarbeiter: Lukas Clemens (42) wechselt aus den Tiefen archäologischer Ausgrabungen aufs Tarforster Plateau und lehrt an der Uni als Professor für Mittelalter-Geschichte und Historische Hilfswissenschaften.

Es heißt, der damalige Landesmuseums-Chef Heinz Cüppers habe Lukas Clemens engagiert, weil der als vermeintlich kernechter Trierer ihn zutiefst beeindruckt hatte. Als Cüppers dann den Lebenslauf sah, stutzte er, wollte seine Entscheidung aber nicht revidieren. Clemens stammt aus Düsseldorf. Dort soll es zwar mehr Neandertaler als Trierer Römer gegeben haben, aber Cüppers baute auf das Jungtalent, das ein täuschend "echtes" Trierer Platt beherrscht - und sollte Recht behalten: "Der Junge ist gut für Trier." Clemens, seit 1993 in Museums-Diensten, setzte neue Akzente in der Stadtarchäologie. Er führte eine wichtige Neuerung ein: Investorenverträge als Basis für fruchtbare Untersuchungsarbeit. Kernpunkt: Bei großen Bauprojekten beteiligen sich Bauherren an den Grabungs-Kosten, das Landesmuseum verpflichtet sich im Gegenzug, die Baustelle zum festgelegten Zeitpunkt freizugeben. Das bringt Vorteile für beide Seiten und befreite die Wissenschaftler vom Trauma, "immer vom laufenden Bagger verfolgt zu werden". Grabungen unter Clemens' Regie brachten viel Licht ins Dunkel der antiken und mittelalterlichen Stadt-Historie. Auf dem Irminen-Gelände entdeckten er und seine Kollegen einen dritten römischen Großspeicher-Bau und eine Klostersiedlung aus dem 8. bis 10. Jahrhundert, sie legten Mosaike in der Zuckerbergstraße und auf dem Landewyck-Gelände frei, fanden Überreste der Forums-Basilika in mittelalterlichen Kellern in der Neustraße, förderten Steinsarkophage unter dem Mattheiser Abteiplatz zutage, buddelten das zuvor unbekannte Untergeschoss des Turms Jerusalem aus und kamen einem Mosel-Altarm auf die Spur.Gute Beziehungen nach Rom

Dieser See erstreckte sich von der Bruchhausenstraße bis zum Nikolaus-Koch-Platz und reichte, wie sich bei Untersuchungen im frisch freigeräumten Frankenturm-Keller herausstellte, im Osten bis fast an den heutigen Hauptmarkt heran: "Die Römer legten ihn im späten 2. Jahrhundert trocken, um Bauland zu gewinnen." Clemens' Arbeitsplatz sind künftig nicht mehr Triers Unterwelt und Baugruben. Er wechselt dorthin, wo seine Wissenschaftler-Wurzeln liegen: an die Uni. Dort studierte er 1982 bis 1988 Geschichte und Germanistik und schrieb seine Doktorarbeit über "Trier - eine Weinstadt im Mittelalter". Nun übernimmt er als Nachfolger von Hans-Hubert Anton eine C-3-Professur für Mittelalter-Geschichte. "Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt der "bekennende Trier-Fan", der an der Uni Mainz habilitierte und übermorgen 43 wird. "Die gute Zusammenarbeit mit Bischöflichem Museum und Stadt sowie das tolle Kollegen-Team des Landesmuseums werden mir fehlen. Andererseits ist die Berufung an die Uni Bestätigung meiner wissenschaftlichen Arbeit, deren Ergebnisse ich jetzt vermitteln darf." Studenten dürfen sich freuen. Clemens ist alles andere als ein staubtrockener Theoretiker. Er sprüht immer noch vor der Begeisterung, die ihn einst nach Trier brachte ("das archäologische Nonplusultra in Deutschland"). Ziele neben dem Lehr-Job: "Ich möchte mich für eine engere Zusammenarbeit zwischen Uni und Stadt einsetzen und weiterhin Vorträge halten." Gut möglich, dass Clemens seine guten internationalen Beziehungen (vor allem nach Rom) im Interesse der Konstantin-Ausstellung 2007 nutzt. Das Geheimnis seiner verblüffenden Kenntnisse trierischer Sprach-Spezialitäten erklärt der verheiratete Vater zweier Söhne so: "Ich habe während des Studiums viel gekellnert. Das ist einiges hängen geblieben."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort