Archiv Baudezernentin ohne Beistand? - Trierer CDU-Beigeordnete Kaes-Torchiani will zweite Amtszeit - Widerstand aus den eigenen Reihen

Trier · Schon im Dezember will der Stadtrat festlegen, wer ab Mai 2015 im Stadtvorstand die Leitung des Dezernats IV übernehmen soll. Die aktuelle Dezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU) bewirbt sich um eine zweite Amtszeit. Mit der Unterstützung ihrer eigenen Partei kann sie dabei allerdings wohl eher nicht rechnen.

 Nicht bei allen Mitgliedern ihrer Partei beliebt: Triers Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU). Die Dezernentenstelle ist derzeit turnusgemäß ausgeschrieben. TV-Foto: Roland Morgen

Nicht bei allen Mitgliedern ihrer Partei beliebt: Triers Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani (CDU). Die Dezernentenstelle ist derzeit turnusgemäß ausgeschrieben. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Vielen dürfte ein Lächeln übers Gesicht gehuscht sein beim Lesen der Annonce, mit der die Stadt nach einer neuen Leitung für ihr Bau- und Verkehrsdezernat sucht. Ein "hohes Maß an sozialer Kompetenz, an Verhandlungsgeschick, kommunikativen Fähigkeiten, Überzeugungskraft und Kooperationsbereitschaft" werde von Bewerbern erwartet, heißt es in der Jobanzeige, die dieser Tage im Trierischen Volksfreund, der Trierer Rathaus-Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erscheint.
Doch als feinfühlige Diplomatin würden selbst viele Wohlgesonnene Amtsinhaberin Simone Kaes-Torchiani wohl eher nicht beschreiben.Gegen Widerstände


Mit ihrer Unerschrockenheit, Dinge auch gegen Widerstände durchzusetzen, hat die Christdemokratin in ihrer fast achtjährigen Amtszeit vor allem die eigene Partei und deren Klientel gründlich und immer wieder gegen sich aufgebracht: Bauherren etwa sind sauer, weil die Dezernentin keine Abweichungen von der Parkplatzregel zulässt. Wer Häuser baut, muss 1,25 Stellplätze pro Wohneinheit und zwei pro Einfamilienhaus einrichten. Basta. Andere Städte legen die Verordnung flexibler aus, was das Bauen billiger und die Rendite höher macht.
Etliche Male hat die CDU im Stadtrat gegen Vorschläge der eigenen Dezernentin gestimmt. Um die Bewirtschaftung der Trie rer Friedhöfe aus den tiefroten Zahlen zu heben, wollte Kaes-Torchiani beispielsweise im Sommer 2010 die Bestattungsgebühren anheben - SPD, Grüne, FDP und FWG stimmten zu, die CDU stemmte sich zusammen mit der Linken dagegen. Im Sommer 2013 flehte die Baudezernentin die CDU-Fraktion an, ein Gewerbegebiet in Zewen nicht in ein Mischgebiet für Betriebe und Wohnhäuser umzuwandeln. Zwecklos. Die CDU drückte die Umwandlung durch. Kaes-Torchiani machte auch diesmal keinen Hehl aus ihrer Meinung: "Ich habe zwei Herzen. Eines gehört der CDU, eines der Sachlichkeit und dem Fachwissen. In diesem Fall ist das Herz der Sachlichkeit größer", kommentierte sie die Angelegenheit in einer öffentlichen Sitzung.
Dabei hatte die CDU die Architektin und Stadtplanerin 2007 zusammen mit der FWG (damals noch UBM) gegen größte Widerstände ins Amt gehoben: Der seinerzeit neue Oberbürgermeister Klaus Jensen hatte sich vor der Dezernentenwahl für Kaes-Torchianis Konkurrentin Beatrice Soltys ausgesprochen. SPD, Grüne und FDP im Stadtrat votierten ebenfalls für die SPD-Kandidatin.
Mittlerweile hat Kaes-Torchiani bei der SPD und auch den Grünen Fürsprecher gefunden. Wie Stadtoberhaupt Jensen haben die Stadtratsmitglieder ihre Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit schätzen gelernt. Die Liste der in ihrer Ägide umgesetzten Projekte kann sich sehen lassen, etwa der Ausbau der Bitburger Straße (B 51) oder der Start der Entwicklung der Wohn- und Gewerbegebiete Castelnau und Bobinet.
Würde Kaes-Torchiani sich nicht für eine zweite Amtszeit bewerben, brächte ihr das Nachteile bei ihrer Beamtenpension. Das sei allerdings nicht der Grund, warum sie wieder kandidieren werde: "Ich würde unheimlich gerne viele von mir eingetütete Projekte, die noch nicht abgeschlossen sind, zu Ende bringen, vor allem bei der Stadtteilentwicklung Trier-West", sagt sie. Vorwürfen aus den eigenen Reihen, zu wenig im Interesse der CDU zu handeln, widerspricht sie: "Ich bin zuallererst der Stadt verpflichtet, es geht mir um die Sache. Dass ich dabei auch schon mal gegen das Votum meiner eigenen Fraktion handeln muss, lässt sich nicht vermeiden."Trierer CDU gespalten


Am Montag, in der ersten Fraktionssitzung nach den Herbstferien, will die CDU nach TV-Informationen beraten, ob sie Kaes-Torchianis Kandidatur unterstützt. Einige Mitglieder dürften ihr Beistand leisten, insgesamt sieht es allerdings nicht gut für die Amtsinhaberin aus. Zwar sei die Dezernentin fachlich top und ziehe - insbesondere im Vergleich zu den Stadtvorstandskollegen Angelika Birk und Thomas Egger - Projekte auch durch. "Aber dabei ist ihr die Linie der CDU so gut wie egal, und ihr fehlt es an jeglichem politischen Geschick", bedauert ein Trierer CDUler.
Ein aus Sicht der Christdemokraten - und insbesondere von Parteichef Bernhard Kaster - eleganter Weg, der unbequemen Dezernentin die Unterstützung zu entziehen, hätte sich eröffnet, wenn Hiltrud Zock am 12. Oktober die Trierer Oberbürgermeisterwahl gewonnen hätte. Die unerwartet unterlegene CDU-Kandidatin hatte angekündigt, dem bisher für Planung, Bauen, Verkehr und Umwelt zuständigen Dezernat noch das Ressort Wirtschaft zuordnen zu wollen. Statt eines Kandidaten mit technischem Hochschulstudium wäre dann wohl nach einem Bewerber mit ausgewiesener Wirtschaftsexpertise gesucht worden - was die CDU als Argument gegen Kaes-Torchiani hätte nutzen können.
Triers künftiger Oberbürgermeister Wolfram Leibe hatte dagegen vor der Wahl die derzeitige Aufgabenstruktur des Dezernats IV als "sinnvoll" beschrieben und keine Änderungswünsche geäußert.Extra

Bis zum 7. November müssen Bewerber um die Stelle der Leitung des Dezernats IV ihre Bewerbungen beim Rathaus einreichen. Viel Zeit bleibt anschließend für die Ratsmitglieder nicht, sich für einen der Kandidaten zu entscheiden: Bereits in der Stadtratssitzung am 16. Dezember soll der oder die künftige Beigeordnete des Stadtvorstands von den Ratsmitgliedern gewählt werden. Die Amtszeit der jetzigen Dezernentin Simone Kaes-Torchiani läuft noch bis zum 30. April 2015. Zum 1. Mai soll die frei werdende Stelle neu besetzt werden. Theoretisch hätte sich der Stadtrat mit der Wahl bis Ende Januar Zeit lassen können. Die Gemeindeordnung schreibt vor, dass der oder die neue Beigeordnete bis spätestens drei Monate vor dem Freiwerden der Stelle gewählt sein muss. woc

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