Bekenntnis des "reisenden Demokratielehrers"

TRIER. (red) Ob er unter anderen Verhältnissen auch evangelischer Pfarrer geworden wäre, bezweifelt Joachim Gauck heute. Gauck, den die meisten wohl in den Neunziger Jahren als Beauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit der DDR kennen gelernt haben, bezeichnet sich heute als freischaffender Redner und Publizist - als "reisender Demokratielehrer".

Gauck war zu Gast in der Katholischen Akademie in Trier. Er stellte sich unter dem Motto "Was fasziniert mich an der Bibel?" den Fragen der Fernsehmoderatorin Marie-Elisabeth Denzer vom Saarländischen Rundfunk. Zum Theologiestudium sei er auf Umwegen gekommen, Germanistik habe er ursprünglich studieren wollen - aber in der DDR habe er dafür keinen Studienplatz bekommen, beschrieb Gauck seinen beruflichen Weg. 1940 in Rostock geboren, habe er schon in früher Jugend die Härten des DDR-Regimes erfahren: Sein Vater wurde für fast drei Jahre nach Sibirien geschickt. Später habe er, obwohl er in einem atheistischen Haushalt groß geworden sei, seine Nische in der evangelischen Kirche gefunden. Er wurde Stadtjugendpfarrer in Rostock, in einer Gemeinde in einer "sozialistischen Plattenbausiedlung". Zu unterschiedlichen Zeiten hätten ihn, wie Gauck weiter ausführte, unterschiedliche Stellen in der Bibel fasziniert. Die wundersame Geschichte vom Gelähmten, der - nachdem Jesus mit ihm gesprochen hat - aufsteht, sein Bett nimmt und geht, hat für Gauck noch heute eine starke Parallele zur Wende in der DDR. Als junger Pfarrer habe er immer gehofft, nicht über Wunder predigen zu müssen. "Lange bin ich vor dieser Geschichte weggelaufen, und heute hat sie mich auf politischem Weg erreicht", sagte er. Die Gesprächsreihe "Was fasziniert mich an der Bibel" wird am Dienstag, 2. Dezember, um 19 Uhr an der Katholischen Akademie abgeschlossen. Marie-Elisabath Denzer hat den Trierer Bischof Reinhard Marx zu Gast.

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