Bikini unterm Kittel

TRIER. Die Wetterdienste melden Wüstentemperaturen von 40 Grad. Auch wer keinen Urlaub hat und zur Arbeit muss, würde wahrscheinlich lieber zu Bikini und Badehose als zu langen Beinkleidern greifen. Welche Kleidung im Büro noch angemessen ist und was nicht gern gesehen wird, haben uns Personalchefs erzählt.

Nein, sagt Egbert Grünen, stellvertretender Leiter der Personalabteilung bei der Sparkasse Trier, bei diesem Wetter müsse keiner ein Jacket anziehen oder eine Krawatte so exakt und eng binden, dass er keine Luft mehr bekäme. Erlaubt seien kurze Hemden und die Damen dürften natürlich strumpffrei zur Arbeit kommen. "Wir haben allerdings ein paar Spielregeln aufgestellt, die wir für Mitarbeiter einer Bank angemessen halten", berichtet Grünen weiter. Schulter- oder bauchfreie T-Shirts gehörten auf jeden Fall nicht dazu, auch für Auszubildende würden keine Ausnahmen gemacht. Bisher habe es keine Ausreißer gegeben. Bei Galeria Kaufhof in der Fleischstraße sieht das Ganze etwas anders aus. "Wir sind nicht empfindlich und offen für Modetrends", sagt Geschäftsführer Michael Trittermann. "Schließlich wollen wir ja Mode verkaufen." Trotzdem habe es in letzter Zeit keine Anlässe gegeben, die ein grobes Eingreifen erforderlich gemacht hätten. "Alle erscheinen vernünftig und gepflegt zur Arbeit", hat er beobachtet. "Mit kurzen Hosen kam noch keiner und bauchfreie T-Shirts gehören für uns dazu." Modellversuche, in den Sommermonaten Berufskleidung einzuführen, seien bisher gescheitert. "Wenn Kunden ohne Jacke oder Mantel zu uns kommen, sind sie schwierig von den Mitarbeitern zu unterscheiden", erklärt der Geschäftsführer. Da helfe nur eins: Namensschilder tragen. Erlaubt ist, was gefällt

Die Kleiderordnung bei nahezu 40 Grad im Schatten ist auch bei der Stadtverwaltung ein heikles Thema. "Reglementierungen gibt es bei uns zwar keine, aber in Abteilungen mit Publikumsverkehr sind freizügige Kleider natürlich nicht gern gesehen", beschreibt Udo Hildebrand, Leiter der Personalorganisation, die Situation. Kritisch seien auch Termine der Wirtschaftsförderung mit Unternehmen. "Da ist es einfach üblich, dass man Anzug und Krawatte trägt." Alle anderen Mitarbeiter können dagegen aufatmen. Bei ihnen ist erlaubt, was gefällt. "Ein Piercing habe ich allerdings noch nicht gesehen", fügt er schmunzelnd hinzu. Wer will, kann nach Absprache morgens schon um sechs Uhr mit der Arbeit beginnen und dafür um 14 Uhr ins Schwimmbad flüchten. Das habe er, sagt Udo Hildebrand, am Dienstag um 16 Uhr auch gemacht. "Ich hatte es meiner Tochter versprochen." Schließlich herrsche ja im Moment fast Notstand. Ein Notjacket hängt im Schrank

Auch die Kreativen in der Werbeagentur Dietz & Partner haben es gut. "Wir sind hier sehr unkonventionell", lacht Geschäftsführer Bernd Neisen. Es herrsche kein Krawatten- oder Jacketzwang, und "bisher hat noch jeder was angehabt". Fein, aber differenziert, lautet das Motto der Agentur. Für besondere Anlässe oder überraschenden Besuch hänge im Schrank immer ein Notjacket, verrät der Geschäftsführer. Für die Krankenschwestern ist es dagegen egal, welche Temperaturen herrschen. "Die Dienstkleidung ist bei uns im Sommer und Winter die gleiche", berichtet Gaby Ostermann, stellvertretende Pflegedirektorin im Marienkrankenhaus. Alle würden grundsätzlich nur Unterwäsche unter ihren weißen Kitteln tragen. Wer es nach der Arbeit besonders eilig hat, ins erfrischende Nass zu hüpfen, kann einfach den Bikini unter die Arbeitskleidung ziehen.

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