Das Schauspiel hinter dem Vorhang

TRIER. Die Artisten des Zirkus Flic Flac begeistern Abend für Abend das Publikum mit ihrer virtuosen Akrobatik. Wie es aber hinter der Kulisse während einer Vorstellung zugeht, bekommt kaum einer mit. Der Trierische Volksfreund hat die Seiten gewechselt und sich eine Vorstellung von hinten angeschaut.

 Keule, Löwe und Pierrot-Blick: Comedy-Jongleur Patrick Lemoine unterhält auch hinter der Bühne.Foto: Denise Juchem

Keule, Löwe und Pierrot-Blick: Comedy-Jongleur Patrick Lemoine unterhält auch hinter der Bühne.Foto: Denise Juchem

Es ist stockdunkel, und doch geht es zu wie im Taubenschlag. Überall hüpft jemand auf und ab, schlägt einen Salto rückwärts oder jongliert - ohne irgendwas zu sehen - mit Bällen. Die Anspannung, die in der Luft liegt, ist fühlbar. Nur noch wenige Minute bis zum Beginn der Show. Einer der Artisten blickt schnell durch den großen Vorhang: volles Haus. Jeder stellt sich auf seine Position, die Geräte werden zurecht gerückt - und das scheinbare Chaos löst sich auf.Jonglieren in der Dunkelheit

Wenn die ersten Töne der rockigen Töne der Virus-Eröffnungsnummer erklingen, stürmen viele der Artisten in weißen Overalls und Gummistiefeln in die hell erleuchtete Manege. Der Vorhang fällt wieder, und zurück bleiben hinter Bühne nur die Dunkelheit und einige Künstler, die nicht in diese Nummer integriert sind. Die laute Musik, die das Publikum förmlich überfällt, ist hinter der Kulisse nur gedämpft zu hören. Und auch die aufwendige Licht-Show ist nur mit einem Blick gen Himmel zu erkennen: In der Zirkuskuppel tanzen die bunten Lichtkegel.Während die erste Nummer noch läuft, hat der nächste Künstler seine Vorbereitungen bereits beendet: Vitali Jouravel, der gleich wie schwerelos durch das Zirkuszelt fliegen wird - nur gehalten von Bungee-Seilen - hat sich geschminkt und aufgewärmt. Ein Ritual hat er sich während der Virus-Show angewöhnt. Bei jeder Vorstellung beobachtet er durch den Vorhang die Nummer vor seiner eigenen. Der Grund: Seine elfjährige Tochter Alona - alias das Virus - lässt sich von einem verrückten Arzt die Gliedmaßen verbiegen. Dann kommt sein eigener Auftritt. Während er unter dem Applaus des Publikums durch die Lüfte gleitet, gehen die Palazovis hinter der Bühne noch mal ihre Schleuderbrett-Nummer durch. Jede Bewegung, jeder Handgriff muss in wenigen Minuten sitzen.An einer anderen Stelle in der Dunkelheit geht Claudia auf und ab, dehnt sich und wirkt in sich gekehrt. Die junge Tschechin verwandelt sich langsam in die laszive Krankenschwester, die mit ihren Füßen jonglieren kann. Ihre hochhackigen Pumps zieht sie erst kurz vor ihrem Auftritt an. Bis dahin trägt sie flache, bequeme Schuhe, die nicht so recht zu ihrem Strapsen-Outfit passen wollen.Musikwechsel. Mit schnellen Schritten kommt Vitali zurück hinter die Bühne, direkt in seine Garderobe. Was sich nach Luxus anhört, ist ein etwa drei Quadratmeter großer Verschlag mit einem beleuchteten Spiegel. Verschwitzt und außer Atem schminkt sich der ehemalige russische Weltklasse-Turner ab. Während er in das Kostüm des Sargträgers schlüpft, unterhält er sich kurz mit seiner Frau und ulkt ein wenig mit drei kleinen Mädchen herum, die in seiner Garderobe spielen.Das Risiko fährt immer mit

Eine der waghalsigsten Nummern bei Flic Flac hat Carlos Marin Diaz. Der kleine Mann läuft, springt und fährt mit einem Fahrrad über ein Drahtseil in 14 Meter Höhe - ohne Netz und doppelten Boden. Dass diese Nummer lebensgefährlich ist, spürte vor zwei Monaten sein Partner Adrian: Bei einer Vorführung in Köln sprang an seinem Rad die Kette ab. Adrian überlebte schwer verletzt, möchte aber bald wieder aufs Drahtseil. Obwohl sich Carlos der Gefahr bewusst ist, wirkt er noch wenige Minuten vor seinem Auftritt ruhig und locker, flirtet sogar noch mit Frauen und macht ein paar Witze.Durch die Dunkelheit hinter der Bühne hüpft ein Mann mit Zylinder und Frack wie ein Presslufthammer hin und her. Comedy-Jongleur Patrick Lemoine bereitet sich mit speziellen Übungen auf seine 20-minütige Show vor - allein mit diesen Aufwärm-Übungen hätte er die Lacher des Publikums auf seiner Seite. Zweieinhalb Stunden nach Beginn der Show steht das große Finale bevor. Kurz zuvor kommen alle Artisten der Virus-Show scheinbar aus allen Löchern und Winkeln zusammen, um gemeinsam in die Manege zu laufen. Der Vorhang fällt ein letztes Mal. Der Zirkus-Arbeitstag ist zu Ende.In der Sendung "Notruf" (RTL, Sonntag, 13. Juli, 19.05 Uhr) wird der spektakuläre Drahtseil-Unfall nachgestellt. Flic Flac gastiert noch bis Sonntag in den Moselauen am Messepark. Karten gibt es an der Zirkuskasse oder unter Telefon 0700/666 66611.

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