Der Bürgerverein ist kein Trierer mehr

TRIER/BERNKASTEL-WEHLEN. Das Ende einer Ära: Die Trierer Bürgerverein Aktiengesellschaft 1846 (TBV) ist bereits Vergangenheit, nun sollen auch die letzten Kleinaktionäre ihre Anteile abgeben. Allerdings sind zwei "squeeze out"-Versuche des Bürgerverein-Hauptaktionärs, Günther und Käthi Reh Stiftung, gescheitert.

Wolfgang Ziewers ist gewissermaßen ein "Auslaufmodell". Der 42-jährige Trierer ist einer von 30 Kleinaktionären, die das haben, was Günther Reh gern in seinen Besitz bringen will: die restlichen 0,11 Prozent der Anteile an der Bürgerverein (BV) AG. Die Chancen des 77-jährigen Multimillionärs aus Leiwen stehen gut. Seit 2001 bietet das Aktiengesetz demjenigen, dem mindestens 95 Prozent der Anteile einer Firma gehören, die Möglichkeit, auch an den Rest heranzukommen und sich damit lästiger Pflichten zu entledigen - gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung. Insgesamt gibt es 680 000 BV-Aktien, nur 723 gehören nicht des Rehs. Die Kleinaktionäre wollen aber nicht mitmachen. Die einen, weil sie, wie der aus Trier stammende Günter Roß (Eppstein/Taunus) auf den Erhalt einer trierischen Institution pochen. Andere, wie Manfred Klein aus Saarbrücken, weil sie hoffen, "als treue Aktionäre vielleicht in einigen Jahren endlich mal eine Dividende zu sehen". Der Hauptaktionär tut sich schwer. Am Mittwoch platzte bereits zum zweitenmal nach 2002 sein Versuch eines "Squeeze out", wie das Hinausdrängen in der Rechtsliteratur heißt: Wegen formaler Mängel blies Aufsichtsratschef und Versammlungsleiter Theo Bomm die erstmals außerhalb Triers tagende Hauptversammlung vorzeitig wieder ab (der TV berichte). Im April soll Versuch Nummer drei folgen, voraussichtlich erneut in Kloster Machern, dem Sitz der BV AG. Neu ist auch der Vorstand der Aktiengesellschaft: Wilfried Biewer (50) und Hans-Jürgen Lichter (42) haben die Ende 2004 aus Altersgründen ausgeschiedenen Matthias Jean-Baptist Felten und Margret Büchel abgelöst. Biewer (Triwo AG) zeichnet für den kaufmännischen Bereich verantwortlich; Lichter, im November in Reh-Dienste getretener Ex-Leiter der Wittlicher Bungert-Gastronomie, für das operative Tagesgeschäft. Beschäftigungssmangel werden die beiden ausgewiesenen Macher wohl kaum leiden. Zum Reh-Imperium gehören zahlreiche historische Immobilien, unter anderen in Trier die Steipe mit Spielzeugmuseum, Haus Venedig, Palais Kesselstatt, weite Teile der Palaststraße mit Markthalle und neuerdings das Dreikönigenhaus. Ein weiteres Renommierprojekt ist Kloster Machern in Wehlen, wo Reh neben einem Brauhaus voraussichtlich noch 2005 ein Puppenmuseum eröffnen wird. Die Zeichen stehen auf Wachstum - und Trier spielt nur noch zweite Geige. Dazu passt, dass die BV AG, die einst ein Drittel der Anteile an der Parken in Trier AG (PiT) hielt, sich 2004 von ihren letzten Besitzanteilen (8,33 Prozent) trennte. Die PiT gehört nunmehr komplett den Stadtwerken. Wann sich die BV AG von den Kleinaktionären trennt, scheint nur noch eine Frage der Zeit. Die Idee, die 1864 zur Gründung des Katholischen Bürgervereins und der daraus hervorgegangenen Aktiengesellschaft führte, ist ohnehin bereits Vergangenheit. Vor sechs Jahren endete die städtische Beteiligung, nachdem die Stadt seit 1993 alle ihre TBV-Aktien an die Familiengesellschaft Reh abgegeben und vom Erlös Haushaltslöcher gestopft hatte.

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