Der Mann hinter der Glasscheibe

TRIER. Sein Beruf ist exotisch: Steffen Grießl ist "Filmvorführer" – genauer: Projektionsleiter beim Kino Cinemaxx Trier. Mit der Technik haben sich auch seine Aufgaben gewandelt. Der TV hat ihn bei seiner nicht alltäglichen Arbeit besucht.

Die Pausenmusik verklingt, die zu spät gekommenen Gäste nehmen hastig ihre Plätze ein, langsam verdunkelt sich der große Saal, dann geht der Vorhang auf und gibt den Blick auf die noch leere Leinwand frei. Während die Zuschauer mit Spannung dem neuen Film entgegenfiebern, hat der Filmvorführer im Vorführraum seine Arbeit schon getan. Mit einem schnarrenden Geräusch startet der Projektionsapparat, und es beginnt ein zweistündiges Kinoerlebnis. Seit der ersten "Kino-Vorstellung" der Brüder Louis und Auguste Lumière in Paris im Jahr 1895 hat der Film einen Siegeszug angetreten. Im Zeitalter des Fernsehens, des Heimkinos und der DVD wird dabei schnell vergessen, dass die bewegten Bilder ursprünglich so untrennbar mit der Einrichtung "Kino" verbunden waren wie die Sinfonie mit dem Konzertsaal. In dem Maß, in dem das digitale Fernsehen in Konkurrenz zum traditionellen Kino tritt, droht die digitale Technik den Beruf des Filmvorführers obsolet zu machen. "Die digitale Projektion wird den Filmvorführer irgendwann überflüssig machen. Man wird zwar auch dann noch Techniker benötigen, die die Systeme überwachen, aber mit unserer heutigen Tätigkeit hat das dann nicht mehr viel zu tun", ist sich Steffen Grießl, Projektionsleiter beim Cinemaxx Trier, sicher. Mit der technischen Entwicklung auf dem Gebiet der Projektion hat sich Grießls Aufgabenbereich bereits gewandelt. Während vor 30 Jahren hinter jedem Kinosaal ein Vorführer sitzen musste, um den richtigen Moment abzupassen, von einem Projektor auf den anderen überzublenden, überwacht heute ein Vorführer mehrere Säle gleichzeitig. Werbung und Trailer nehmen zu

Die modernen Telleranlagen, die mittlerweile zum Standard in den deutschen Kinos gehören, nehmen problemlos das gesamte Filmmaterial eines zweistündigen Spielfilmes auf, während die traditionellen Projektorspulen nur so genannte Akte von 20 Minuten Länge fassen konnten. Somit waren in der Vergangenheit immer zwei Projektoren im Wechsel notwendig, um einen pausenlosen Filmgenuss zu ermöglichen. Heute verlangen nur noch selten Filme in Überlänge, wie beispielsweise die "Herr-der-Ringe"-Trilogie, Pausen. Die sieben Säle des Cinemaxx werden aus insgesamt fünf Projektionsräumen betrieben. Unterstützt wird Grießl bei seiner Arbeit von einem fest angestellten Mitarbeiter und fünf Teilzeitkräften. Die Aufgaben der Vorführer gehen weit über das Überwachen der laufenden Vorstellungen hinaus. Die romantische Vorstellung, hinter der kleinen Glasscheibe, die den Projektionsraum von dem Saal trennt, sitze der Filmvorführer und sehe sich jeden Film an, trifft heute nicht mehr zu. "Von den gezeigten Filmen bekommen wir kaum etwas mit. Wenn alles läuft, bereiten wir schon die nächsten Filme vor. Wir kleben die einzelnen Akte zusammen, schneiden die Trailer und die Werbung", erklärt Grießl. Die Vielzahl der Werbung und der Kinotrailer habe in den letzten Jahren immer stärker zugenommen. Somit auch der Wechsel und das Umschneiden für das Vorprogramm der einzelnen Vorstellungen. Aber auch Wartung und Pflege der Projektoren gehöre zu seinen Aufgaben. Gelernt hat Grießl sein Handwerk während einer zweijährigen Ausbildung zum "Facharbeiter für Filmwiedergabetechnik" in der ehemaligen DDR. Eine Schule zum Erlernen dieses Ausbildungsberufes gibt es heute allerdings nicht mehr.

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