Der Steuernarr

TRIER. Wenn die Narren feiern, macht einer von ihnen Extratouren: Zum Karneval nimmt sich Jürgen Klein Urlaub, setzt sich ins Auto – und sorgt für das pünktliche Erscheinen der Trierer Prinzenpaare bei hunderten Auftritten pro Session.

Der "Helm", die Narrenkappe, liegt bereits im Ablagefach der Fahrertür. Dann noch den schwarzen Anzug angezogen und die rote Fliege zurechtgerückt, und schon ist Jürgen Klein bereit für die Straße. Seit zehn Jahren opfert der heute 53-Jährige einen nicht unerheblichen Teil seines Jahresurlaubs, um in der Karnevalssaison das Prinzenpaar der Stadt samt Gefolge - Chefadjutant und drei Hofdamen - von einem hoheitlichem Termin zum anderen zu kutschieren.1500 Kilometer durch die Stadt

"Ein sehr gutes und freundschaftliches Verhältnis" habe er zu den jeweiligen Paaren, die er in den Jahren kennen gelernt hat, sagt Klein. Verschwiegen und in sich ruhend wie ein Fels in der Brandung ist er, erschüttern kann ihn nichts, so scheint es. Einen "trockenen Humor" nennt Klein sein Eigen, doch er lache gern - ideale Voraussetzungen also für seinen Nebenjob.

Insgesamt 1500 Kilometer verfährt Klein pro Saison im Stadtgebiet, ab und zu geht es mit dem Prinzenpaar auch nach Köln oder Wiesbaden. Ein "Terminblatt" sorgt für den reibungslosen Ablauf, an der Strecken- und Zeiteinteilung ist Klein beteiligt. Vergangenen Samstag ging es beispielsweise erst zum Supermarkt, dann ins Rathaus, schließlich nach einer Pause - "da habe ich mir die Beine bei einem Spaziergang bis zum Viehmarkt vertreten" - zur Entgegennahme etlicher "Huldigungen" auf den Kappensitzungen. Dort klettert er nur ab und zu mit auf die Bühne. Lieber bleibt Klein im Hintergrund und quatscht mit Freunden und Bekannten. "Man muss nicht im Rampenlicht stehen, um Erfolge zu genießen", sagt er bescheiden.

"Ich mache das, weil es mir Spaß macht, und weil es für mich eine Entspannung im Vergleich zur Arbeit ist", erklärt Klein den ungewöhnlichen Einsatz zu Gunsten der Narren. "Die Seele baumeln lassen" nennt er das, er sei gern mit lustigen Menschen zusammen. Ehefrau Meggy unterstützt das. "Würde sie mit meinem Einsatz nicht einverstanden sein, wäre das hier nicht möglich", betont Klein.

Von Japan begeistert

Nach Trier ist der Beamte aus beruflichen Gründen gezogen. Klein ist gebürtiger Rheinländer, aber in der Eifel aufgewachsen. Außerhalb der Narrenzeit geht er in seiner Freizeit mit seinen zwei Jagdhunden auf die Pirsch. Klein gehört zudem zu den Begründern der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Trier. "Die Gastfreundschaft der Menschen dort und das Land: Ich wollte gar nicht zurück", schwärmt der Reisende von einem Besuch in Fernost.

Wäre da nicht der Karneval. Trotz der Nähe seines Geburtsorts zu Köln hatte Klein früher keine Beziehung dazu. Erst ein Kirmesbesuch mit dem 96er-Prinzenpaar Thomas und Jutta Albrecht hob die Distanz auf. "Du fährst doch gern Auto", hätten sie gesagt. Und prompt sei er gefragt worden, ob er nicht als Fahrer zur Verfügung stehen wolle. Klein sagte zu. "Ich mache das so lange, wie die Gesundheit es erlaubt", sagt er.

Noch bis kommende Woche wird er am Steuer sitzen. Zum Rosenmontagszug begibt sich Klein unters Publikum, auf den Wagen will er nicht mitfahren. Lieber ist er Zuschauer denn Akteur - doch mitfeiern wird er trotzdem.

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