Der mit dem Wolfsbarsch tanzt

TRIER. Kleines Jubiläum im Dorint-Hotel: Zum 10. Mal luden Oberbürgermeister Schröer und Ehefrau Gisela zur Benefiz-Küchenparty. Das gesellschaftliche Ereignis war, wie alle Jahre, stark nachgefragt.

"An sich passiert ja an diesem Abend nicht viel": Oberbürgermeister und Gastgeber Helmut Schröer brachte es in seiner Dankesrede zu später Stunde auf den Punkt. Bei der Benefiz-Party wird "lediglich" gegessen, getrunken und geredet. Aber zumindest zwei dieser Elemente spielen sich auf allerhöchstem Niveau ab.Wer auf sich hält in Trier, vermeidet es, bei diesem Anlass zu fehlen. Elf Küchenchefs und acht Weingüter-Direktoren garantieren für edelste Genüsse, und der Hindernisparcours durch die hochglanzpolierte Dorint-Küche, der mit jedem Gang verbunden ist, sorgt dafür, dass sich die Folgen für Figurbewusste im Rahmen halten.Parallel zur Dauer des Abends steigt die Zahl der Schweißperlen, die vorrangig hohe Männer-Stirnen zieren. Die Köche schwitzen ohnehin vor ihren Pfannen und Herden, aber anders als sonst kann man aus unmittelbarer Nähe beobachten, wie viel schwere Arbeit in so federleichter Küche steckt wie in Wolfgang Beckers "Jakobsmuscheln auf Gemüse-Couscous" oder Francois Bernards "Entenbrust mit Ingwer-Honigschaum".Alle Gäste in Einheits-Schürze

An diesem Abend herrscht Bekleidungszwang: Alle 300 Gäste tragen die traditionelle Küchenparty-Schürze, die Kleid oder Anzug im optischen Niemandsland verschwinden lässt. Das klingt nach klassenloser Gesellschaft, aber spätestens der Blick auf die Schuhe zeigt, wer bei Gucci und wer bei Deichmann einkauft.Wobei letzteres eher eine Ausnahme sein dürfte, hat doch die begehrte Benefiz-Eintrittskarte locker den Gegenwert von drei Paar Discount-Tretern. So rekrutiert sich das Publikum weitgehend aus Geschäfts-, Medien- und Marketingwelt, was die Themen an den Stehtischen bestimmt.Bei Markus Stempers "Mediterranem Lammcarrée an Olivenjus" lässt sich trefflich über die allseits miserable Geschäftssituation lamentieren, und Harald Böhmfeldts "Kaninchenrücken mit Tapenade auf getrüffeltem Selleriepüree" rückt die unverschämte Kaufzurückhaltung des schnöden Durchschnittskonsumenten gleich in ein etwas milderes Licht.Derweil tummelt sich die lokale Prominenz um den Geheimtipp, Ulrike Stoebes "Krustentiere im Lauchblatt auf Kartoffeltrüffelschaum". Sportmanager Werner Heinz wirkt gestresst, vielleicht hat ihn der OB gerade wieder mal zum Sponsoring für die Basketballer animiert. Heuschreck-Chef Gustl Thormeyer erzählt gemeine Politiker-Witze und Eintracht-Präsident Bernd Gritzmacher räumt ein, dass ihm die letzte Heimniederlage seines Teams weniger schlaflose Nächte bereitet hat als es ein Sieg im Aufstiegskampf getan hätte.Schmuckdesignerin Miranda Konstantinidou genießt sichtlich die frisch erkämpfte Traumfigur - Wolfgang Müntnichs gegrillter Wolfsbarsch im Fenchelsud dürfte die Idealmaße kaum gefährden. Agenturchef Holger Binz wirbt bei Seeteufelmedaillons auf Blattspinat mit Rote-Bete-Püree (von Peter Schmalen) unverdrossen für die Wiederkehr der Siebziger-Jahre-Haarlänge, Burger-King-König Michael Berger labt sich statt am Doppel-Whopper diesmal an Burkhard Weilers deliziösem "Bonbon von fünf Köstlichkeiten an buntem Frühlingsgemüse".Den Künstlern, die den Abend mitgestalten, wird unterschiedliche Aufmerksamkeit zuteil: In der Küche kämpfen "Coloured Moments" mit dem Geräuschpegel von Spülmaschinen und dem verführerischen Geruch des gebratenen Steinbutts von Christiane und Oliver Detemple-Schäfer, im Restaurant hat das "Trierer Swing Trio" etwas mehr Ruhe. Volles Interesse genießt Klaus Swoboda, dessen satirische Porträts bei den Gästen reißenden Absatz finden - auch wenn sich mancher nicht gerade schmeichelhaft getroffen fühlt, wie Chefkoch Hubert Scheid, dem der Karikaturist ein Raubtiergebiss verpasst hat.Dabei bräuchte Scheid für seine süßen Nachtisch-Köstlichkeiten gar keine Beißerchen - den härtesten Angriff auf alle Fastenzeit-Vorsätze liefern sie allemal. Da können sogar die Kollegen nicht widerstehen: Nach geschlagener Schlacht trifft man sich am Dessert-Büffet. Gisela Schröer macht derweil Kassensturz: 10 000 Euro dürften wohl auch diesmal für ihre "Arbeitsgemeinschaft für Trierer Kinder" herausspringen.

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