"Der ungeduldige Kerl bin ich geblieben"

Vor vier Jahren noch hat er mit Brüssel geliebäugelt. Doch Europa-Abgeordneter seiner Partei, der CDU, konnte er nicht werden. Der Posten war besetzt. Geblieben ist sein Wunsch nach Veränderung. Als Bürgermeister in Rente gehen? Nein. Nun zieht es Winfried Manns nach Mainz - er wird Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebundes. 16 Jahre war er Chef im Konzer Rathaus. Eine Bilanz.

 16 Jahre war er Bürgermeister: Mit einem entspannten Lächeln kann Winfried Manns seinen neuen Job antreten. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

16 Jahre war er Bürgermeister: Mit einem entspannten Lächeln kann Winfried Manns seinen neuen Job antreten. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Konz. Die tief sitzende Lesebrille verleiht ihm einen intellektuellen Touch, ohne Drei-Tage-Bart hat man ihn noch nie angetroffen. Jeans (auch im Dienst), Polo-Shirt (schwarz natürlich) und Slipper wirken lässig. Nach seinem Amtsantritt im Juni 1992 hat er das Büro von Hermann Hendricks erst mal entstaubt: helle Tapete, moderne Möbel, Kunst, ein Spiel aus Licht, Farben und Formen, keine Gardinen. Was die schönen Künste betrifft, sollte der Mann aus Mainz - verglichen mit seinen Vorgängern - wahrhaft exotische Züge offenbaren.Kaum in Konz angekommen, hatte Manns seine erste Bewährungsprobe zu bestehen: Gegen die in Wasserliesch geplante Reinigung des mit krebserregenden PAKs (Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe) verseuchten Zettelmeyer-Bodens formierte sich eine Bürgerinitiative. "Das war schon heftig", erinnert er sich. Und auch daran, dass er seine Frau gebeten hatte, in den Umzugskisten, die noch nicht ausgepackt waren, das Chemie-Buch aus Schulzeiten zu suchen, um nachzschlagen zu können, was PAKs überhaupt sind.Wie wohl die meisten Bürgermeister in der Republik führte Manns seine Amtsgeschäfte in dem Selbstverständnis, an der Autorität eines Verwaltungschefs zu rütteln, verbiete sich von selbst. Als er 1996 im Bürgerhaus Kommlingen wegen des geplanten Feriendorfes harsche Kritik einstecken musste, konnten ihn seine Parteifreunde nur mit Mühe am Ort des Geschehens halten. Kunst und Kreisel

Offenen Widerspruch hört Manns nicht gerne. Vielleicht ist seine unbestrittene Kompetenz in vielen Sachfragen die Ursache für den einen oder anderen Alleingang - sehr zum Missfallen der Ratsmitglieder, die manchmal aus der Zeitung erfahren mussten, was er so geplant hatte. "Der ungeduldige Kerl bin ich geblieben", sagt der 57-Jährige im TV-Gespräch zum Ende seiner Amtszeit. "Vielleicht bin ich heute diplomatischer als früher."Obwohl der Mensch im Allgemeinen dazu neigt, die eigene Leistung meist besser zu sehen als sie in Wirklichkeit war, liegt Manns zumindest in der Beantwortung der Gretchenfrage richtig, womit die Konzer ihn positiv in Erinnerung behalten werden: "Dass sich diese Stadt baulich so stark verändert hat wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Und vielleicht auch mit den Kunstwerken."Zweimal ist ihm der ganz große Wurf gelungen: Die Jahrhundert-Chance, dem Herzen der Stadt durch eine komplett neue Bebauung so gut es ging Profil zu verleihen, wurde genutzt. Sein zweiter ist die Ansiedlung von Möbel Martin. Seit Jahrzehnten wurden in der Saar-Mosel-Stadt auf einen Schlag nicht mehr so viele Arbeitsplätze geschaffen. Weniger spektakulär, aber nicht unerheblich: Während seiner 16-jährigen Amtszeit haben seine Mitarbeiter in der Verwaltung in der Verbandsgemeinde insgesamt über 40 Baugebiete erschlossen. Böse Zungen behaupten, Manns hat Kreisel nur deshalb bauen lassen, um ein Kunstwerk daraufstellen zu können. Aber nur böse Zungen. Denn die zunächst mit Skepsis betrachtete Form der Verkehrsführung gewann - sozusagen von Kreisverkehr zu Kreisverkehr - immer mehr Anhänger. Zu seiner Philosophie, dass Kunst auf die Straße gehört, entwickelten die Konzer ein zwiespältiges Verhältnis, eine Art Hass-Liebe: Muss das denn sein, eine blaue Säule für 60 000 Euro? Aber die gleichen Leute finden den "Donut", die "Tänzerinnen" und den Leuchtturm wiederum so schick, dass der Heimatfest-Besuch sie unbedingt anschauen muss. Souveräner Wahlsieger

Dass Manns nicht schalten und walten konnte, wie er wollte, wird an drei Beispielen deutlich: Beim Feriendorf Kommlingen verweigerten ihm seine eigenen Leute die Gefolgschaft. Der Golfpark auf dem Fellericher Plateau droht zu scheitern, weil die "kleine" SPD in Temmels nicht mehr mitspielt. Und des Meisters Pläne für die Stadtentwicklung in Karthaus waren den Bürgern schlicht und einfach zu teuer.Im Vergleich zu seinen Vorgängern hat er es geschafft, sich mit etlichen Projekten jede Menge Ärger unter den Bürgern einzuhandeln: Bebauung im Schwalbennest, Bodenreinigung Wasserliesch, die sogenannten Papageien-Häuser auf Roscheid, Ferienpark Kommlingen, Bebauung in der Olkstraße oder Abriss des Hauses Hippchen. Trotzdem ging der gelernte Jurist aus drei Urwahlen als souveräner Sieger hervor. Von wegen "latente Unzufriedenheit" der Bürger mit dem Amtsinhaber, wie die oppositionelle SPD hatte glauben machen wollen. "Die Leute honorieren, wenn etwas geleistet wird", konterte damals der alte und neue Bürgermeister. Manns ist ein Mensch, der voller Pläne steckt und eine ansteckende Begeisterung entwickeln kann - wenn er an einem Projekt Gefallen gefunden hat. Allerdings ist er dann auch nicht mehr gefeit vor der einen oder anderen fixen Idee - beispielsweise der sogenannte Tropical-Verbindungsweg (Gesamtkosten 300 000 Euro), der allenfalls für verdeckt arbeitende Sprayer von Nutzen ist. Den Bürgermeister bremsen mussten dann andere, die erkannt haben, dass manches "unausgegoren" war, wie es in seinem politischen Umfeld heißt. So manchem seiner Parteifreunde wäre es lieber gewesen, er hätte sich zur Entspannung öfters mal die Zeitung geschnappt als wieder was Neues auszubrüten. Im gleichen Atemzug aber wurde sein unermüdlicher Einsatz gewürdigt: "Lieber einer, der zu viel macht, als einer der…" Manns wird ab Oktober in Mainz arbeiten, will aber weiterhin in Konz wohnen. In einem Landstrich mit guten Weinen, gutem Essen und einem kulturellem Angebot, das sich mittlerweile sehen lassen könne, habe er "Heimat und Freunde" gefunden. Konz und Manns - das scheint irgendwie zu passen. Beim jährlichen Weinfest auf dem Marktplatz jedenfalls gehört er nicht zu jenen aus dem offiziellen Tross, die sich nach dem Pflichtprogramm schnurstracks verabschieden... Chronologie Winfried Manns' wichtigste Stationen während seiner Amtszeit: Dezember 1991: Wahl zum Bürgermeister der Stadt- und Verbandsgemeinde Konz. Juni 1992: Dienstantritt. Januar 1996: Wahl in den CDU-Bezirksvorstand. November 1996: Wahl in den Landesvorstand der Kommunalpolitischen Vereinigung (KBV). Januar 1997: Eröffnung von Möbel Martin. Mai 1997: Stadtrat spricht sich gegen das geplante Feriendorf in Kommlingen aus. 1997: Der erste Kreisel in Konz wird gebaut. März 1998: Spatenstich für die neue Stadtmitte. November 1998: Das erste Kunstwerk auf einem Kreisel in Konz - es sind die Tänzerinnen bei Möbel Martin. 2000: Im Laufe des Jahres werden die Pläne für einen Golfpark in Fellerich konkret. November 2000: Die Fremdenverkehrsämter Konz und Saarburg fusionieren. September 2001: Manns gewinnt souverän die Urwahl zum Bürgermeister der Stadt und Verbandsgemeinde. April 2002: Der Stadtrat beschließt die umstrittene Bebauung im sogenannten Schwalbennest in Konz. November 2002: Die Grob-Erschließung des rund hundert Parzellen großen Konzer Neubaugebietes "Roscheid V" ist abgeschlossen. Die ersten Häuser sind bereits gebaut. Juni 2004: Manns gewinnt die Urwahl zum Stadtbürgermeister. November 2004: Manns wird zum stellvertretenden Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz gewählt. November 2006: Manns wird zum Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz gewählt. Januar 2008: Manns wird zum hauptamtlichen Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz gewählt. (jac)

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