Die Chance nutzen

Auch diese Medaille hat zwei Seiten: Auf der einen stehen die primär Betroffenen - die Beschäftigten im Einzelhandel, die in den sauren Apfel beißen und ein weiteres Stück ihrer Freizeit für den Beruf opfern. Auf der anderen stehen die Nutznießer, die samstags - so die Geschäftswelt tatsächlich mitzieht - ihr Einkaufs- und Bummelprogramm flexibler gestalten können. Die Befürworter und Gegner des Vorstoßes sind bei dieser Betrachtungsweise schnell ausgemacht. Verständnis lässt sich ohne große Mühe für beide Seiten aufbringen. Und doch hat die geplante Änderung bei genauerem Hinsehen durchaus ihre Berechtigung. Erhebungen und Kundenbefragungen spiegeln wider, was der Einzelhandel seit langem "am eigenen Leib spürt": Geschäfte und Kaufhäuser sind an kaum einem anderen Wochentag so frequentiert wie samstags. Dieser Tag war und ist in vielen Branchen der verkaufsstärkste. Und selbst wenn nicht jeder Kundenbesuch auch unmittelbar im Anschluss die Kasse klingeln lässt, hat der Handel an diesem Tag die Chance, Kunden zu beraten, die mehr Zeit und Muße mitbringen als unter der Woche. Es geht eben nicht allein um Rentabilität im 1:1-Stil, sondern auch um den Dienst am Kunden, der vielerorts stiefmütterlich gepflegt wird. Von "zwei Stunden mehr" werden vor allem Fachgeschäfte profitieren, für die Mann und Frau nach getätigtem Lebensmitteleinkauf künftig mehr Zeit haben. Losgelöst davon, wie die Änderung angenommen wird: Einen Versuch ist sie allemal wert. Die, die dafür mitziehen müssen, erhalten einen Zeit- und Finanzausgleich. Der Einzelhandel kann es sich nicht leisten, diese Chance leichtfertig zu verspielen. s.windfuhr@volksfreund.de

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