Dimpfelmoser oder der sterbende Schwan

TRIER-SÜD. "Ich bin ein unter Denkmalschutz stehender Mann geworden”, sagt Fritz Stelten über sich selbst. Nach 27 Jahren in der Karnevalsgesellschaft Trier-Süd, 35 Jahren am Trierer Theater und 24 Jahren im Kleingärtnerverein in Mariahof darf er das behaupten.

Stelten hat viele Intendanten und Schauspieler kommen und gehen sehen und überlebte jeden Wechsel. Zum alten Eisen gehört er aber noch lange nicht. "Auch Humor gehört zur Kultur. Wenn man Romeo spielen will, muss man auch Klamotten wie die von Willi Millowitsch spielen können", sagt Fritz Stelten. So hat er es sein ganzes Leben auf der Bühne gehalten, selbst kleine Rollen mit Größe gespielt. Als Tenor-Buffo war er "immer der lustige Kerl". Und seinen Humor hat er nie verloren. Auch dann nicht, wenn es das Schicksal mal nicht gut mit ihm meinte. "Der liebe Gott hat mir zwei Gaben mitgegeben: Den Humor und eine Schnüss, die nicht kaputt zu machen ist." Vor zwei Jahren bremste den Sänger, Schauspieler, Karnevalisten und Kleingärtner Stelten eine schwere Krankheit aus. Er verließ die KG Trier-Süd und zog sich zurück. Aufhalten ließ er sich davon aber nicht. "Ich bin eben ein Bühnenmensch bis zum letzten Atemzug. Gott hat zum Petrus gesagt: Schick den Stelten wieder weg. Ich will hier oben meine Ruhe haben", kommentiert er diesen Schicksalsschlag mit einem Witz. Als Junge, der in Mönchengladbach aufwuchs, den Krieg und die ersten Schuljahre im Bunker erlebte, war für Fritz Stelten der Weg auf die Bühne nicht vorgezeichnet. Seine Geschichte scheint so märchenhaft wie die vom Tellerwäscher, der über Nacht zum Millionär wird. Der junge Fritz wollte eigentlich Franziskanerpater werden, lernte dann "etwas Ordentliches". Er wurde Buchbinder und Metalldreher. Durch Zufall wurde seine Stimme entdeckt und er bekam ein Stipendium für die Hochschule für Musik in Berlin. 1959 verließ er seine Heimat. "Das war eine irre Zeit", erinnert sich der 69-Jährige, denn in Berlin erlebte er Ereignisse wie den Mauerbau und den Besuch des damaligen US-Präsdidenten John F. Kennedy hautnah. 1964 bekam Stelten nach einem Vorsingen sein erstes Engagement in Trier. Dort blieb er auch, überlebte in seiner langen Zeit am Theater viele Intendanten. "Neue Besen kehren gut, aber die kehren auch viele gute Sachen weg", sagt der Tenor. "Entweder man tritt auf oder man kann sich seine Papiere holen. Auch mit einem gebrochenen Bein kann man spielen. Wenn der Vorhang aufgeht, dann musst Du dastehen, der Rolle und dem Stück dienen." Dieser Disziplin sei es zu verdanken, dass Stelten bis zu seiner Pensionierung auf der Bühne stand. Auch im Karneval legte Stelten Disziplin, Humor und Erfindungsreichtum an den Tag. Als Sitzungspräsident, Vorsitzender, Humorist, Sänger und als Regisseur der Theatergruppe der KG Trier-Süd wurde er zur Galionsfigur des Vereins. "Ich war in Trier bekannt durch das Theater. Richtig bekannt aber wurde ich durch den Karneval. Darauf bin ich ein bisschen stolz." In seiner Paraderolle als Wachtmeister Dimpfelmoser oder als sterbender Schwan amüsierte er die Zuschauer. Er erfand die Wappedis, die Kehlkopfakrobaten, den singenden Elferrat und machte Sitzungen und Bälle zu großen Shows. Nach dem Motto, kein Künstler und Komiker kann genial und lustig sein, ohne die dunklen Seiten des Lebens zu kennen, hat Stelten einen persönlichen Tiefpunkt genutzt. Nachdem er 1978 auf der Bühne einen Herzinfarkt erlitten hatte, schrieb er vier Lieder und nahm sie mit der "Happy Sound Band" auf Schallplatte auf, die oft im Radio gespielt wurde. Mit "Trier, Du goldene Moselstadt", "Trimm Dich mal", "Solang die Porta Nigra steht" und "Trierer sind wir" setzte er sich ein musikalisches Denkmal.

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