Ein Reisender unter Grönemeyers Fittichen

Wieder mal ein schönes Konzert vor zu wenigen Zuschauern: Rund sechzig Zuhörer haben sich im Ducsaal in Freudenburg den halbakustischen Poprock von Philipp Poisel und seiner Band angehört.

 Vielversprechend: Philipp Poisel überzeugt im Ducsaal und wird sicherlich noch von sich hören lassen. TV-Foto: Frank Göbel

Vielversprechend: Philipp Poisel überzeugt im Ducsaal und wird sicherlich noch von sich hören lassen. TV-Foto: Frank Göbel

Freudenburg. (fgg) Als Philipp Poisel und seine drei Mitmusiker die kleine Bühne im Ducsaal betreten, wirken sie zunächst ein wenig angespannt: Am Vortag haben sie noch vor restlos ausverkauftem Haus in Stuttgart gespielt - jetzt schauen sie in einen Raum, in dem fast jeder Gast bequem Platz an einem der paar Tische findet: Wenn das Landvolk jetzt noch "Whisky In the Jar" verlangt, könnte es ein zäher Abend werden.

Doch wird sind ja nicht irgendwo in der Provinz, sondern im Freudenburger Ducsaal, wo sich erstens die Rock- und Blueslegenden die Klinke in die Hand geben, und wo man zweitens ehrliche, gut gemachte Musik immer zu schätzen weiß: Schon nach dem ersten Lied ("Unanständig") ist der Applaus der rund sechzig Zuschauer so warmherzig und engagiert, dass man den Musikern die Erleichterung deutlich ansieht: Auch die nächsten sechzehn Songs lang geben sie alles und haben damit die Herzen auf ihrer Seite.

Der 25-jährige Poisel war bis vor kurzem noch als Weltenbummler unterwegs, fast alle seiner deutschsprachigen Songs sind erkennbar vom Reisen motiviert: Dann wird auf die erste, eigenständig aufgenommene Platte gleich Herbert Grönemeyer aufmerksam, und das Album erscheint auf dessen Label. Auftritte mit ihm, Suzanne Vega und Maria Mena folgen.

Möglicherweise ein guter Anfang für etwas, das man dann später "kometenhaft" nennt, im Moment ist Poisel jedenfalls gut beschäftigt.

Auch im Ducsaal wird schnell klar, warum Grönemeyer die Musik wohl gefallen hat: Ein wenig erinnert schon Poisells Vortrag an den Meister, wenn er sich mit brüchiger Stimme durch seine direkten, melancholischen Texte mal singt, mal nuschelt.

Inhaltlich bleibt er dabei weit entfernt von großer Weltpolitik und nahe an den großen Gefühlen, wobei der Schwabe alt genug ist, um auch das Vergehen zu kennen, aber noch jung genug, um darüber nicht abgebrüht zu sein. Poisels Akustikgitarre perlt schön dazu, ohne manieriert zu sein, wenn Rhythmus anzieht, hat dennoch kein breitbeiniger Rockpathos Platz auf der Bühne: Auch der zweite Gitarrist mit seiner Elektrischen setzt nur behutsame Akzente mit seinen Effektpedalen, der Schlagzeuger peppt sein pointiertes Spiel durch verschiedene Besen, Rasseln und Tambourine auf.

Am Ende des langen, abwechslungsreichen Sets entlässt das kleine, aber feine Publikum das Quartett nicht ohne einige Zuga ben: In Hannes Waders "Heute hier, morgen dort" erkennt der reiselustige Poisel sich offenbar wieder und beendet damit den Abend.

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