Ein dreifach donnerndes Helau hinter Gittern

TRIER. (scho) Raschelnde Rüschenröcke im Treppenhaus der Trierer Justizvollzugsanstalt: Prinzessin Carmen I. hebt ihr Gewand etwas an und schreitet mit Prinz Christoph I. zu einem nicht ganz alltäglichen Termin - Nachmittagskaffee mit zwölf Gefangenen.

 Närrische Türöffner: Beim Besuch im Trierer Gefängnis posieren Prinz Christoph und seine Carmen vor einer Zellentür.Foto: Dagmar Schommer

Närrische Türöffner: Beim Besuch im Trierer Gefängnis posieren Prinz Christoph und seine Carmen vor einer Zellentür.Foto: Dagmar Schommer

TollitätChristoph tritt ungeduldig von einem Fuß auf den anderen- wobei jedes Mal die langen Pfauenfedern an seinerNarrenkappe mitschwingen. Eingemummt in ihre weiße Federboa siehtsich Prinzessin Carmen auf dem Gelände um. "Es ist schon einkomisches Gefühl, hier gleich einzumarschieren", sagt ChristophI. Seine Füße schmerzen schon etwas in den roten Spangenschuhen.Es ist der fünfte Termin für diesen Tag. "Ich bin gespannt, ob wir es schaffen, unsere Freude rüberzubringen - oder ob die Insassen mit Karneval überhaupt nichts am Hut haben", überlegt die Prinzessin und passiert mit Prinz und Hofstaat die Durchgangskontrolle. Durch einen vergitterten Trakt erreicht der Karnevals-Tross die Aula - ein mit Holz vertäfelter Saal mit grauem Linoleumboden. Hinter den milchigen Fenstern sind die Eisenstäbe sichtbar. Der Vorhang der kleinen Bühne hebt sich an diesem Tag nicht. Eine reichlich gedeckte Kaffeetafel steht stattdessen für die närrischen Gäste bereit - noch sind die Stuhlreihen gegenüber der Tafel unbesetzt.

"Die Gefangenen sind schon richtig neugierig", sagt Anstaltsleiterin Elena Deliargyris. "Es ist eine Premiere, dass das Stadtprinzenpaar uns besucht." Ausgewählt wurde eine Gruppe von zwölf Gefangenen, die am sozialen Training oder an der Drogenberatung teilnehmen. Für ihr Leben nach der Haftstrafe lernen sie, soziale Beziehungen zu gestalten, sich in Gespräche einzubringen, ihre Freizeit zu organisieren und ohne Drogen zu leben. Neugierig nehmen die zwölf Männer - alle in roten Jogginganzügen - auf Stuhlreihen gegenüber der Tafel Platz. Eine etwas steife Sitzordnung, die später auch einer der Gefangenen bemängelt. "Hätten wir sie alle mit an den Tisch gesetzt, hätten sie wohl weiter von der Prinzessin weg gesessen als jetzt", erklärt die Anstaltsleiterin besänftigend.

Gleich erkannt: Miss Rheinland-Pfalz

Das Eis ist schnell gebrochen: Wie man zu der Ehre kommt, Prinz zu werden, will einer der Gefangenen wissen, was man damit verdient und ob man dafür eine besondere Eignung braucht, fragt ein anderer. "Das mit der Eignung weiß man immer erst hinterher", erklärt der Prinz zur Freude seiner Zuhörer.

Im Gespräch erfahren die interessierten Gastgeber, dass das Prinzenpaar bis zu zehn Termine am Tag hat, ein Kostüm etwa 2000 Euro kostet, Carmen eine Ausbildung zur Industriekauffrau macht und ihr Prinz als selbstständiger Einzelhändler in der Innenstadt sein Geld verdient. "Aber am liebsten bin ich Prinz", betont er. Auch dass die charmante Prinzessin einmal Miss Rheinland-Pfalz war, ist den Gefangenen nicht entgangen.

Wie sie sich "einen Knast denn vorgestellt hat", fragen die Gefangenen. "Ich hatte keine Zeit, richtig darüber nachzudenken. Der Eingangsbereich ist so, wie ich mir das dachte", erzählt der Prinz. "Ich habe es mir schlimmer vorgestellt. Der Raum hier ist doch ganz gemütlich", sagt seine Prinzessin. "Ja, ja. Dann müssen Sie mal eine Woche hier bleiben", kommt prompt die Antwort.

Im nächsten Jahr, so die einhellige Meinung, solle das Prinzenpaar wiederkommen. Auch eine kleine Kappensitzung für die Gefangenen hat Anstaltsleiterin Deliargyris angeregt. Dankbar verabschieden die Gefangenen ihre Gäste: "Das war gut, dass Sie gekommen sind. Denn so ein bisschen verliert man hier das Gefühl für die Jahreszeiten."

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