Ein gefährlicher Mythos

"Summer of Love", Hippies und Befreiung von allzu starren Konventionen vorhergehender Generationen: Überall wird in diesem Jahr an die 68er-Bewegung von vor vierzig Jahren erinnert. An der Universität Trier beschäftigte sich Professor Dr. Gerd Langguth in einem Vortrag in kritischer Weise damit.

 Der Bonner Politikwissenschaftler Professor Dr. Gerd Langguth stellte in seinem Vortrag an der Universität Trier seine kritischen Thesen zur 68er-Bewegung vor. TV-Foto: Anna Lena Aldag

Der Bonner Politikwissenschaftler Professor Dr. Gerd Langguth stellte in seinem Vortrag an der Universität Trier seine kritischen Thesen zur 68er-Bewegung vor. TV-Foto: Anna Lena Aldag

Trier. (ald) "Was bleibt?" Das war eine der Leitfragen im Vortrag, den Professor Dr. Gerd Langguth, Politikwissenschaftler von der Universität Bonn, vor etwa 100 Zuhörern hielt. Sein Ziel war es, an der Universität Trier Mythos und Wirklichkeit der 68er-Bewegung voneinander zu trennen. Und dies tat er ziemlich schonungslos.Politologe räumt mit einem Märchen auf

Seine Kernthese: "Wir glorifizieren die 60er Jahre mythologisch." Die Bewegung, hauptsächlich getragen von einem kleinen Kern radikaler Studenten, würde heute als großer gesellschaftlicher Aufbruch dargestellt. "Ich will nicht abstreiten, dass 1968 viel bewegt hat", erklärte der Politologe Langguth. Viele Entwicklungen seien beschleunigt worden. "Aber das wäre auch sonst gekommen, nur nicht so schnell."Überhaupt seien viele weit verbreitete Ansichten eher zweifelhaft, meinte Langguth. So werde die deutsche Studentenrevolte häufig viel zu deutsch als Reaktion auf die Zeit des Nationalsozialismus gedeutet, obwohl sie in anderen Ländern ähnlich stattfand.Damalige Studenten sind die Elite von heute

Dass so viele Mythen entstehen konnten, war nach Langguths Meinung vor allem deshalb möglich, weil viele Alt-68er in Schlüsselpositionen in Politik und Medien sitzen. Logisch, waren die Studenten damals doch die Elite von heute.Die Radikalisierung von Teilen der Studentenschaft, die bis heute hauptsächlich positiv und als Aufbruch dargestellt werde, habe auch viele beschämende Wirkungen gehabt. Professoren seien beleidigt, bloßgestellt und gedemütigt worden. Auch das Gewaltpotenzial werde heute übersehen: "Damals wurde von Gewalt, von Revolution und so weiter gesprochen, ohne das richtig ernst zu nehmen", lautet das Urteil des Politologen. Laut Langguth der Nährboden für die RAF. Schon die Bewegung selbst sei keine demokratische gewesen - das habe inzwischen selbst Joschka Fischer zugegeben.Im Grunde habe es damals einen harten, sehr radikalen Kern von Studenten gegeben und viele Mitläufer. Das ist das Fazit, das Langguth zieht. Und: "Wenn ich aus der Zeit eines gelernt habe, dann, dass man emotionalen Massenbewegungen gegenüber sehr vorsichtig sein sollte."

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