Ein zugezogener Ur-Trierer

TRIER. Im Alter von 52 Jahren ist der Trierer Gitarrist und Mundart-Musiker Joachim Rother gestorben, der als Mitglied der "Leiendecker Bloas" in der ganzen Region bekannt war. Er hinterlässt seine Frau Sylke und drei Kinder im Alter von zwölf bis 18 Jahren.

 In typischer Pose: Joachim Rothers musikalische Heimat war die Gitarre. TV-Foto: Archiv/Ursula Schmieder

In typischer Pose: Joachim Rothers musikalische Heimat war die Gitarre. TV-Foto: Archiv/Ursula Schmieder

In seinem Element war er, wenn er seiner Gitarre rockige Töne entlocken konnte. Dann flogen die Finger über die Saiten und demonstrierten eine Behändigkeit, die man dem massigen Musiker auf den ersten Blick gar nicht zugetraut hätte. Den harten Rock-Gitarristen, den er bei Bands wie "Gautama Siddharta", "Holzwurm" oder "Spielvereinigung Trier-Süd" jahrzehntelang gepflegt hatte, konnte er bei den Mundart-Klängen der Leiendecker-Bloas eher selten hervorkehren. Dafür handelte er sich in den zwanzig Bloas-Jahren den Ruf eines unverwechselbaren Ur-Trierers ein. Dabei war Joachim Rother, den jeder "Joa" nannte, als Kind in den fünfziger Jahren aus Ostdeutschland zugewandert. Aber der "gelernte Trierer" liebte seine zweite Heimat mit mehr Herzblut als mancher "Eingeborene". Auch wenn sie ihm Kummer machte, wie beim Fußball. Kein Eintracht-Spiel, das er verpasste - auch letzten Samstag gegen Engers war er wie gewohnt im Stadion. Es war leicht, ihn zu gewinnen, wenn es um eine gute Sache ging. Ungezählt die Benefiz-Auftritte mit der Bloas oder im Duett mit Helmut Leiendecker. Ein zugänglicher, engagierter Mensch, manchmal aber auch mit einem unergründlichen Schuss Melancholie. Weniger bekannt war die hauptberufliche Seite von Joachim Rother. Als Architekt wirkte er bei vielen Trierer Projekten mit. Er konnte sich freuen wie ein Kind, wenn es gelang, jenseits der finanziellen und baulichen Zwänge Dinge zu realisieren, die er als schön und dem Stadtbild zuträglich betrachtete. Aber er verteidigte auch mit Verve manche Zweckbauten, die höchst umstritten waren. "Sein" Stadtteil Trier-Süd lag ihm besonders am Herzen. Da konnte er nach Herzenslust über die Irrungen und Wirrungen der Stadtentwicklungspolitik diskutieren. Ansonsten war Politik nicht sein liebstes Betätigungsfeld. Der Mann mit der Gitarre durfte auch im Karneval nicht fehlen. Jahrelang bildete er den ruhenden Pol bei den Leiendecker-Auftritten im Rahmen der Heuschreck-Sitzungen in der Europahalle. Kein Zufall, dass gerade dort das letzte gemeinsame Konzert der Gruppe stattfand. Er hatte sich sehr auf die bevorstehende 20-Jahr-Feier der Bloas gefreut - nun ist niemandem mehr nach Feiern zumute. Dass er ein Gesundheits-Apostel gewesen wäre, hat ihm sicher keiner nachgesagt. Dennoch kam der Tod für sein Umfeld völlig überraschend. Joachim Rother starb am Dienstag aufgrund akuten Organversagens. Dieter Lintz

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