Einfach nur nett

TRIER. Vom Bildschirm ins Bücherregal: Talkerin Bärbel Schäfer hat mit einer Freundin einen Roman geschrieben. Am Donnerstagabend stellte sie ihn in Trier vor.

Die Überraschung ist groß. Fragend blicken die 60 Gäste in der Trierer Buchhandlung Interbook nach vorn. Warum stehen dort zwei Tische? Zwei Stühle, zwei Mikros, zwei Wassergläser? Angekündigt ist doch allein Bärbel Schäfer, die Fernseh-Talkerin, die an diesem Abend in Trier ihr Buch "Wer, wenn nicht er?" vorstellen soll. Halstabletten für hüstelnde Zuhörer

Sie wird doch nicht "den Friedmann" mitbringen?! Michel Friedmann, den Politiker, Moderator, ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Juden - ihren Ehemann? Da kommt Bärbel Schäfer auch schon zur Tür herein, nach der Geburt ihres Sohnes ranker und schlanker denn je, die engen Bluejeans in braunen Lederstiefeln, pinker Pulli, pinkes Halstuch. Und mit ihr nicht Friedmann, sondern eine zweite Frau in ihrem Alter. Nie gesehen. Es ist Susanne Luerweg, wie die Besucher bei der Vorstellung erfahren, eine Freundin Bärbel Schäfers, Journalistin aus Köln - und Mit-Autorin von "Wer, wenn nicht er?". Bei einer Feier sei die Idee zum gemeinsamen Buch entstanden, erzählen die beiden. Bärbel Schäfer ist nett. Sie zupft Susanne Luerweg ein Haar vom Pulli, bietet einer hüstelnden Zuhörerin eine Halstablette an. Nett ist auch das Buch. "Warum Frauen die Beine in die Hand nehmen, wenn Männer auf die Knie gehen", lautet der Klappentext - es geht um eine Mittdreißigerin, die nach einem Heiratsantrag in Zweifel verfällt und beschließt, alle ihre Exfreunde noch einmal zu treffen. Während bei der netten Autorin bisweilen eine interessante Persönlichkeit durchscheint, herrscht bei dem netten Buch unter der Oberfläche Leere. Keine Figur, die über Klischees hinausgeht, kein Gedanke, den nicht jeder kennt, kein Satz, den man zweimal liest, weil er so schön formuliert ist. Nicht, dass das schlimm wäre: Wer reine Unterhaltung sucht, kann bei "Wer, wenn nicht er?" durchaus auf seine Kosten kommen. Zum Beispiel, wenn die Heldin Lucy peinlich berührt ist, als ihr Exfreund sie mit der Bemerkung begrüßt, sie habe sein Lieblingskleid an: "Was für eine Demütigung. Wiedersehen nach fünf Jahren, und ich trage dasselbe Kleid." Wenn sie über ihren Zukünftigen, einem "typischen Staumacho", erzählt: "Ich als Beifahrerin erhalte alle 30 Sekunden neue Anweisungen: Fenster auf, Fenster zu. CD rein, CD raus. Umleitung suchen, Radiosender mit Staumeldung finden. Und nur, wenn ich ganz still bleibe, das wilde Stautier in keiner Weise reize, beruhigt er sich wieder." Oder wenn der Liebste sie überrascht: "In diesem Moment sehe ich einen Strauß Rosen in der Badezimmertür. Eine Sekunde später spüre ich seine Arme um meinen Körper." Das Buch ist mal witzig und mal romantisch, mal traurig und mal dramatisch, und zum Schluss gibt‘s - na, was wohl? - ein Happy End. Nett. Aber eben nicht mehr. Darum allerdings geht es bei diesem Buch auch nicht. Warum wohl vermarktet der Diana Verlag es nur unter dem prominenten Namen Bärbel Schäfers? Bärbel Schäfer: Wer, wenn nicht Er? Diana Verlag. 256 Seiten, 16,90 Euro.

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