Eisbrecher für kühle Frohnaturen

TRIER. Wer in Trier lachen will, geht nicht in den Keller, sondern zum Master-Comedy-Slam. Zum dritten Mal griffen die Anwärter auf den Constantin-Comedy-Preis in der BBS-Aula tief in die Komik- und Kalauer-Kiste. Den größten Treffer beim Publikum landete Tobias Mann aus Mainz.

Der 30-jährige Mainzer Tobias Mann trat als Eisbrecher in den Ring zum Leistungsvergleich der Humor-Hünen aus den vorangegangen Comedy-Slam-Wettbewerben. Und stand am Ende als kaiserlich gekrönter Sieger und dritter Constantin-Comedy-Preisträger fest. Subversive Kraft des deutschen Schlagers

Ob der römische Kaiser sich auch über eine Lebensberatung à la Toni Marschall und die Enthüllungen über die subversive Kraft des deutschen Schlagers amüsiert hätte, ist fraglich. Ins Humor-Zentrum des Trierer Publikums traf Mann aber zielsicher. Nicht nur mit seinem Mundwerk, sondern auch mit dem verrückten "Muh-sical" "Ernst und die Kuh" um Kuh Elsa, Henne Hera und ihre Bauernhofkollegen. Den humanistischen Bildungsauftrag erfüllte Mann überdies als Gründer der Initiative Faust 2007 mit seiner Hip-Hop-Version des Goethe-Klassikers. So zahlreich das Publikum Mann auf Platz eins wählte, so überraschend war dessen überragender Einzug ins Finale nicht nur für "Produktion"-Kulturmanager Peter Stablo. Denn der Mainzer verwies in den ersten Runden nicht nur Michael Eller (Frankfurt) mit seinen zotigen Betrachtungen über die Beziehungen von Mann und Frau und Georg Weisfeld (Berlin), der in einem leichten Englisch, nämlich Amerikanisch, die Unwägbarkeiten im Umgang mit Getränkeautomaten beleuchtete, auf die Ersatzbank. Daneben fanden außerdem der 17-jährige Nachwuchs-Comedian Damir aus Bochum Platz, dessen Diät-Versuche nicht fruchteten, sowie Volker Surmann (Berlin), der "Rektaldrache" mit mobiler "Strandumkleide", der den Unterschied zwischen "Blut- und Fleischpenis" sezierte. Mehr hätte man vom wandlungsfähigen Duo Tadbrothers und ihrer irren Fahrt im Panini-Express sehen mögen. Ihre verrückte und alberne Hommage an ebenso alberne Inspektor-Clouseau-Filme der 70er mit Peter Sellers entbehrte nichts. Die Brüder Avi und David Toubiana kombinierten Slapstik, Komik, Wortwitz, mimische und gestische Genialität, schlüpften innerhalb ihres zehnminütigen Auftritts in acht verschiedene Rollen, die sie hätten in die Favoritenrolle katapultieren müssen. Selbst ernannte Jambensau

Die meisten Lacher ernteten sie wenigstens, und sie kehren am 12. Mai nach Trier zurück, um denen, die mehr sehen wollen, den ganzen "Mord im Panini-Express" zu zeigen. Schüttelreim-Experte und selbst ernannte Jambensau Michael Schönen rezitierte aus seinem poetischen Tagebuch. Lyrik kann auch komisch sein, das bewies der Poetry-Slam-Meister und Spezialist für angewandte Sprache mit der empfindsamen Seele. Musikalisch brillant und sprachlich virtuos machte der Berliner Schwabe Martin Betz sich am Piano ans mit Hymnen an Neinsager und Epen über Senioren gespickte hintersinnige Chanson-Kabarett-Werk. Direkter und geradezu akrobatisch zog Archie Clapp als vierter Bewerber ins Finale und am Ende den Kürzeren, trotz gefährlicher Feuerjonglage, verwirrender Kartentricks und wilder Frisur. Denn Eisbrecher für unterkühlte Frohnaturen war eindeutig Tobias Mann, der es vorzog, ein "kalter Malteser" statt ein "warmer Johanniter" zu sein und als Axel-Rose- und Bob-Dillon-Doppelinkarnation an Comedy-Himmelstüren klopfte.

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