Gartenzwerg schlägt Wassermusik

TRIER. Das Kulturprogramm der Landesgartenschau leidet trotz hochkarätiger Angebote an eklatantem Zuschauermangel - vor allem in den Abendstunden. Diese Woche spielte selbst das städtische Orchester vor leeren Rängen. Nur das Kleine Volkstheater verzeichnete gleich drei Mal ein ausverkauftes Haus.

Die Kombination aus Bild und Ton war geradezu traumhaft. Das städtische Orchester zelebrierte bei bemerkenswert guter Akustik Händels Wassermusik, und Dirigent István Dénes stand mitten in einem Sonnenuntergang. Im Hintergrund die Kulisse des Moseltals bis hin nach Luxemburg, darüber die sanften Hügel des Petrisbergs, von einer rot gleißenden Abendsonne in mildes Licht getaucht. Um 21.20 Uhr, wie bestellt zum Finale des 5. Satzes von Schumanns imposanter "Rheinischer Sinfonie", verschwand der Feuerball langsam hinter der Silhouette der Bauaustellung am Wasserband. Leider mussten die Orchestermusiker exakt in die entgegengesetzte Richtung blicken: auf die halb leeren Ränge des Lotto-Forums. Nicht einmal jeder dritte Platz war besetzt, ganze 150 Besucher hatten den Weg zur abendlichen Gartenschau-Attraktion gefunden. Kein Wunder, dass LGS-Kulturchef Karsten Müller das eindrucksvolle Spektakel mit süßsaurer Miene verfolgte. Dem engagierten Künstler ist nicht entgangen, dass das ambitionierte Kulturprogramm vor allem in den Abendstunden das Trierer Publikum noch nicht gefunden hat. Nach starkem Start mit der Feuervogel-Performance bröckelte das Interesse ab. Chanson-Abende vor schütterer Kulisse im Spiegelzelt, Lesungen im leeren Haus, Aktionen, bei denen sich nur Insider einfinden: Da läuft etwas schief bei der selbstbewusst deklarierten "Kulturgartenschau". Fragt man Trierer nach dem Grund ihrer Zurückhaltung, ist immer wieder von Unsicherheit bei der Eintrittspreis-Gestaltung die Rede. Die als kompliziert empfundene Kombination von Tages-, Abend- oder Dauerkarten für die LGS mit Sonder-Eintritten für einzelne Veranstaltungen sorgt für Unklarheiten. Oft wissen potenzielle Besucher nicht, wann und nach welchen Kriterien überhaupt ein Extra-Eintritt fällig ist. Auf dem Gelände selbst finden sich, beispielsweise beim Sinfonie-Konzert am Donnerstag, etliche Besucher, die keine Ahnung haben, dass eine Veranstaltung stattfindet. Kein Wunder, fehlt es doch auf dem weitläufigen Terrain an gut sichtbaren, tagesaktuellen Hinweisen zum Kultur-Programm. Und wer darauf hofft, vor oder nach dem Konzert gemütlich einzukehren, findet oft nur noch verschlossene Türen vor. Aber es gibt auch Erfolgsmodelle. Das Kleine Volkstheater verzeichnete an Pfingsten im Lotto-Forum drei ausverkaufte Vorstellungen, zweimal abends und einmal am Nachmittag. 1500 Besucher feierten die eigens aus Anlass der Gartenschau entstandene Komödie "Dä Gaordenzwerch vom Piddersberch". Fast vier Stunden harrten die Besucher auf den harten Steinrängen der überdachten Open-Air-Anlage aus und ließen sich von Helmut Leiendecker & Co. von einem Lachanfall zum nächsten treiben. Besonders gut kam beim Publikum das originelle Bühnenbild samt "kostenloser" Original-Petrisberg-Kulisse an. Die etablierte Truppe um Gabi Hermesdorf konnte sich allerdings auch auf ein interessiertes Stamm-Publikum stützen. Bei weniger eingeführten Programm-Angeboten wird sich noch einiges tun müssen, wenn man mehr Besucher von den Vorzügen eines herrlichen Kultur-Abends auf der LGS überzeugen will.

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