Hortgebühren werden zum Härtefall: Rat beauftragt Verwaltung, individuelle Lösungen zu finden - Sozialdezernentin entschuldigt sich

Trier · Die Stadtverwaltung wird überprüfen, wo die neuen Beiträge für Hort- und Krippenplätze zu Härtefällen geführt haben. Vor und während der Stadtratssitzung haben zahlreiche Eltern mit ihren Kindern gegen die teilweise massive Erhöhung der Gebühren protestiert.

 Demo vor dem Rathaus: Eltern protestieren gegen die sprunghafte Erhöhung der Betreuungsgebühren für ihre Babys. TV-Foto: Friedemann Vetter

Demo vor dem Rathaus: Eltern protestieren gegen die sprunghafte Erhöhung der Betreuungsgebühren für ihre Babys. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: friedemann vetter (ve.), Friedemann Vetter ("TV-Upload vetter"

Nur selten ging es im Trie rer Rathaussaal so lebhaft zu wie am Dienstag. Mit Plakaten ausgestattet protestierten Eltern und Kinder gut sichtbar und vor allem hörbar für alle Ratsmitglieder gegen die neue Gebührenordnung für Hort- und Kinderkrippenplätze. Denn für Kinder ab zwei Jahren ist seit 2010 in Rheinland-Pfalz und damit auch in Trier der Kindergartenbesuch kostenlos. Ist der betreute Nachwuchs aber jünger, fallen Gebühren an. Weil diese Beiträge im Januar deutlich erhöht wurden, teilweise monatlich um mehrere Hundert Euro, hat sich nun Protest formiert..Noch keine Bescheide


Die SPD-Fraktion hatte das Thema erneut zur Diskussion gestellt. Es ging dabei nicht darum, die aus Sicht der großen Mehrheit des Stadtrats sozialverträgliche Neuordnung der Gebührenberechnung zurückzunehmen. "Wir haben aber das Problem, dass die Eltern nicht rechtzeitig informiert wurden", sagte Tamara Breitbach, die den Antrag für ihre Fraktion begründete. "Viele Bescheide wurden noch nicht ausgestellt, weshalb viele Eltern mit hohen Nachforderungen rechnen."

Die Stadtverwaltung soll deshalb den Sachstand ermitteln und ein Prozedere für Härtefälle entwickeln. Vermieden werden sollen zu hohe finanzielle Belastungen für Familien und sozialpolitisch nicht gewollte Abmeldungen von Krippenkindern. Zudem soll in spätestens fünf Jahren die erneute Prüfung der Elternbeitragstabelle erfolgen, die sich am Nettoeinkommen und der Zahl der Kinder orientiert.

Dass es bereits zu Abmeldungen gekommen ist, bestätigte Hans-Alwin Schmitz (FWG). "Wir haben die Auswirkungen der neuen Gebührenordnung im Rat nicht erkannt. Es gibt Familien, die zahlen 280 Euro mehr im Monat." 15 Kinder seien seit der Beitragserhöhung allein in Euren abgemeldet worden.

Handlungsbedarf sieht auch die CDU. Zwar warf Lydia Hepke der SPD vor, es handele sich um einen "blubberweichen und populistischen Antrag". Mit der Ergänzung, dass die Stadtverwaltung für Härtefälle individuelle Lösungen suchen soll, stimmten die Christdemokraten aber letztlich für den SPD-Antrag. Zum Beispiel Ratenzahlungen oder Stundungen sollen möglich sein.

Davor hatte Sozialdezernentin Angelika Birk sich für Kommunikationsdefizite und die Verzögerungen beim Erstellen der Gebührenbescheide entschuldigt. "Der Anteil der Elternbeiträge an den Betreuungskosten soll 17,9 Prozent betragen. Bislang lagen wir in Trier bei unter 9 Prozent. Unsere Priorität lag zunächst bei der Schaffung von Hortplätzen, deshalb hat sich die Verwaltung einige Jahre lang nicht um die Beiträge gekümmert."

Notwendig wurde deren Erhöhung auf Wunsch der kommunalen Aufsichtsbehörde ADD. Dennoch liegen sie nach Aussage der Stadtverwaltung weiterhin unter denen anderer Kommunen in Rheinland-Pfalz.

Die Verzögerung bei der Zustellung der Gebührenbescheide führt Sozialdezernentin Birk auf die aufwendige Umstellung bei der Verwaltung zurück. "In der Sache sind wir aber sozial gerecht und vor allem bei Familien mit mehreren Kindern sehr viel großzügiger als viele andere Städte."

Das sieht auch die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen so, die sich ebenso wie die FDP bei der Abstimmung enthielt. Anja Reinermann-Matatko, selbst Mutter eines Kleinkindes, argumentierte vehement dagegen, an dem Beschluss für die Gebührenordnung etwas zu ändern.Meinung

Hausgemachter Ärger
Zorn und Frust der Eltern sind nachvollziehbar. Eine so deutliche Erhöhung der Gebühr für einen Krippenplatz können viele Familien und Alleinerziehende nur schwer verkraften. Da hilft es wenig, dass die Beiträge in Trier immer noch niedriger sind als in den meisten anderen Kommunen und Bundesländern. Angesichts der Defizite bei der Kommunikation im Vorfeld der trotz allem sozial ausgewogenen Gebührenänderung mussten die Wellen hochschlagen. Und auch die Umsetzung ist katastrophal. Viele Eltern wissen noch immer nicht, welche Summe sie seit Januar wirklich für die Betreuung ihres Babys bezahlen müssen. Sozialdezernentin Angelika Birk hat sich dafür entschuldigt. Im Grunde hätte sie auch dafür um Nachsicht bitten müssen, dass die bis Ende 2014 grandios niedrigen Betreuungsgebühren nicht bereits in den vergangenen Jahren in kleinen Schritten erhöht worden sind. Von diesem familienfreundlichen Versäumnis haben überwiegend nicht die profitiert, die nun ihr Einkommen neu einteilen müssen. Gut, dass die Verwaltung sich auf Drängen des Rats bei echten Härtefällen kulant zeigen muss. r.neubert@volksfreund.de

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