Im Zeichen des Grubenlichts

TRIER. Einmal jährlich, und das seit einem halben Jahrhundert, treffen sich die Veteranen der Gruppe "Lampe Wolf", um Wiedersehen zu feiern und um sich an gemeinsam Erlebtes zu erinnern: ihre Kriegsgefangenschaft. Das, was vor 50 Jahren in Russland geschah, der Anlass für inzwischen 47 "Lampe-Wolf"-Treffen.

Die 48. Auflage findet in Trier statt. Alfred Lungershausen, "Lampe-Wolf"-Mitglied aus Trier, hat sie organisiert. Einige gesellige Tage unter Freunden, die Gegend kennen lernen, ein Gala-Abend. "Lampe Wolf ist der Beweis dafür, dass auch oder gerade weniger schöne Erlebnisse zusammenschweißen können", sagt der 86-Jährige. "Wir sind kein Soldatenclub und haben mit Ideologie oder dergleichen nichts am Hut", betont er. "Wir arbeiteten in den letzten Kriegsjahren, und danach bis 1949, als russische Kriegsgefangene in Novo Golubowka, einem Bergwerk im Donezkbecken." Verglichen mit anderen Lagern sei Golubowka nicht das Schlechteste gewesen, sagt Lungershausen. Dennoch sei die Arbeit hart gewesen. "Wir saßen hinter Stacheldraht und wollten nach Hause". Den Namen "Lampe Wolf" hätten sie von einer Grubenlampe abgeleitet. Weil die Flamme anzeigte, ob genügend Sauerstoff im Stollen war, seien die Lampen für die Kumpel, wie sich die Gefangenen nach Bergmannsbrauch nannten, lebenswichtig gewesen. "Lampe Wolf" habe auch eine Lagerzeitung geheißen, die mangels Papier auf Bretter geschrieben wurde. "Die größte Bedeutung indes hatte ,Lampe Wolf‘ als hoffnungsvolles Synonym für ein Wiedersehen in der Heimat", sagt Lungershausen. Als es Ende der 40er-Jahre nach Hause ging, hatten sich etwa 400 Kumpel das Versprechen gegeben, im Zeichen der Lampe Wolf Freunde zu bleiben. Noch im Lager wurden die Adressen ausgetauscht. Die Organisation übernahm Kurt Schneider, eine Art "Präsident" der Gruppe.Päckchen in die DDR

"Zum ersten Treffen kam es bereits 1949 in einer Kreuzberger Kneipe in Berlin. Wegen der schwierigen Nachkriegsverhältnisse waren nur Berliner da, etwa 16", erinnert sich Schneider. Ein Jahr später, in Geisenheim bei Rüdesheim, sei das erste Treffen im Westen mit mehr als 200 Teilnehmern organisiert worden. Fortan habe man sich jedes Jahr irgendwo in Deutschland, bisweilen auch in Österreich, überall da, wo ein Lampe-Wolf-Kumpel zu Hause war, getroffen. Immer in großer Zahl und immer mit Ehefrauen und Lebensgefährtinnen. Kurt Schneider: "Auch zu den Kameraden in der damaligen DDR hatten wir ständigen Kontakt. Wir haben ihnen regelmäßig Päckchen geschickt. Als sie ins Rentenalter kamen und es Reiseerleichterungen gab, nahmen sie an den Treffen teil." Nach der Wiedervereinigung habe man auch in Ostdeutschland getagt. Im ersten Jahr gleich drei Mal, in Berlin, Blankenburg in Thüringen und in Dresden. Inzwischen haben sich die Reihen gelichtet. "Viele unserer Kumpel sind nicht mehr da. Viele sind gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage, zu kommen", sagen Schneider und Lungershausen. Dass aber weiterhin die Witwen und Lebensgefährtinnen der Verstorbenen dabei sind, beweise die tiefe, in langen Jahren gewachsene Verbundenheit und Freundschaft. "Die Frauen zählen zu unseren Treuesten", loben die beiden Lampe-Wolf-Kumpel.

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