Improvisieren, spielen und ausprobieren

Trier · Im Theater Trier startete in Kooperation mit dem Verein Autismus Mosel-Eifel-Hunsrück und der Kunstfähre der Tufa ein ganz besonderes Projekt: Eine Gruppe autistischer Kinder nähert sich zusammen mit ihren Geschwistern dem Thema Theater. Ob am Ende eine Aufführung steht, wird bewusst offengelassen.

 Autistische Kinder und ihre Geschwister erleben gemeinsam die Welt des Theaters und entdecken neue Perspektiven. TV-Foto: Karin Pütz

Autistische Kinder und ihre Geschwister erleben gemeinsam die Welt des Theaters und entdecken neue Perspektiven. TV-Foto: Karin Pütz

Foto: Karin Pütz (kap) ("TV-Upload P?tz"

Trier. Abigail reitet gerne, Steven ist acht Jahre alt und Josefina hat sieben Geschwister. Nacheinander stellen die zehn Kinder sich gegenseitig vor und erfahren etwas von den anderen.
Dabei lernen sie auch das Gefühl kennen, vor einer Gruppe zu sprechen.
"Ein gutes Gefühl"


"Wie war das für dich, da vorne zu stehen, und alle haben dich angesehen?", fragt Krisztina Horvarth den 15-jährigen Arthur. "Ein gutes Gefühl", antwortet er und strahlt über das ganze Gesicht.
Seit dem 21. Januar und noch bis Juli trifft sich die Gruppe wöchentlich im Theater. Fünf autistische Kinder mit jeweils einem Geschwisterkind können bei Theaterpädagogin und Dramaturgin Krisztina Horvarth, Schauspieler Klaus-Michael Nix und Heilpädagogin Katrin Tonner in die Theaterwelt reinschnuppern.
Behutsamer Umgang



Kulturagentin Christina Biundo von der Kunstfähre der Tufa hat das Projekt vermittelt. In Kooperation mit dem Theater Trier und dem Verein Autismus Mosel-Eifel-Hunsrück entstand das Projekt "Theater inklusiv".
Krisztina Horvarth geht behutsam, aber offen auf die Kinder zu, nichts wird erzwungen, es gibt kein Richtig oder Falsch. "Ich hatte großen Respekt vor dieser Aufgabe, obwohl ich oft mit gehandicapten Kindern arbeite. Doch nach der ersten Probe waren wir ganz euphorisch. Diese große Konzentration bei den Kindern hatte ich nicht erwartet."
Katrin Tonner erklärt: "Autisten haben oft Angst, neuen Anforderungen nicht gerecht zu werden." Daher sind die Proben nicht ziel-, sondern prozessorientiert.
Ob die Gruppe im Juli eine öffentliche Aufführung auf die Bühne bringt, steht noch nicht fest - der Weg ist das Ziel. Es gibt kein Textbuch und keine Vorgabe. "Wir spielen, üben und improvisieren mit den Themen, die die Kinder möchten", sagt Krisztina Horvarth.
Dabei haben auch und gerade die Geschwisterkinder ihren Platz - durch das gemeinsame Probenerlebnis findet jeder seine Rolle, indem Stärken und Fähigkeiten entdeckt und ausgebaut werden.
Sich in die Augen schauen


Viele der Übungen kommen aus dem Bereich des Improvisationstheaters. Zum Beispiel möchte Krisztina Horvarth, dass die Kinder durch den Raum gehen und jedem, dem sie begegnen, in die Augen schauen. "Dann gebt ihr ihm die Hand und sagt: Schön, dass du da bist."
Schauspieler Klaus-Michael Nix macht mit. Bald haben sich alle untereinander auf diese Weise begrüßt und da ist es wieder: "Ein gutes Gefühl."Extra

Autismus-Spektrum-Störungen zeichnen sich durch eine völlig andere Wahrnehmungsverarbeitung aus. Menschen mit Autismus haben oft Schwierigkeiten mit den nonverbalen sozialen Regeln unserer Gesellschaft. Kontakt mit anderen Menschen scheitert häufig daran, dass die Betroffenen nicht wissen, wie man diesen herstellt. Gleichzeitig kann man häufig beobachten, dass nicht autistische Kinder neben ihren autistischen Geschwistern zurückstehen. kap

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