Kandidatur auf eigenem Deckel

Wenn sich die Opposition im Trierer Stadtrat einen OB-Kandidaten backen könnte, würde er etwa folgendermaßen aussehen: Freiberufler mit Verwaltungserfahrung, Basis-Demokrat mit nachgewiesenen Führungsfähigkeiten, Sozialarbeiter und mittelständischer Unternehmer, Querdenker und Kommunikationstalent, weitab von jedem Klüngel, grün angehaucht, sozial engagiert, Sport- und Kulturfan.

Was Klaus Jensen für die CDU so brandgefährlich macht, ist, dass er diesem Anforderungsprofil ziemlich nahe kommt. Er könnte alles vereinigen, was in Trier nicht CDU ist - und das ist bei weitem die Mehrheit, zumindest wenn eine Wahllokomotive wie Helmut Schröer fehlt. Jensens Kandidatur wird die CDU aufmischen. Nicht nur im Konflikt zwischen Bernarding-Lager und Holkenbrink-Truppe. Er wird die unterschwellige Debatte ankurbeln, ob die Partei keinen zugkräftigen externen Bewerber braucht. Dass etwa OB Schröer zu seiner Nachfolge bislang völlig geschwiegen hat, ließe sich mit vornehmer Zurückhaltung erklären - aber auch damit, dass der alte Fuchs fürchtet, keiner seiner beiden Parteifreunde wäre einem rhetorisch versierten, politisch erfahrenen, in vielen Milieus geschätzten Gegner gewachsen. Für Jensen wird vieles davon abhängen, ob ihm die Wähler die propagierte Unabhängigkeit abnehmen. Seine politische und persönliche Biographie weist ihn als eigenständigen Kopf aus. Aber man wird genau beobachten, ob die Kandidatur auf eigenem Deckel wirklich innovativ ist oder doch nur eine taktische Finte. d.lintz@volksfreund.de

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