Knapp an einer Katastrophe vorbei

Trier-Süd · Der Anblick des am Boden liegenden Baumes weckt Erinnerungen an das tödliche Unglück 2012 am Trierer Rautenstrauchpark. Diesmal aber Glück im Unglück: Die Weide, die gestern am St.-Barbara-Ufer umgestürzt ist, richtet nur Sachschaden an. Es hätte leicht viel schlimmer kommen können.

Trier-Süd. Donnerstag gegen 10.30 Uhr am St.-Barbara-Ufer: Ein Fußgänger mit Hund umkurvt den auf Gehweg und Straße liegenden Baum. Wenig später kommen zwei Jogger vorbei, dann ein Briefträger. Jeden von ihnen hätte es erwischen können, wäre er eine gute halbe Stunde früher hier gewesen.
Es ist 9.55 Uhr, als die alte Weide auf dem Villengrundstück an der Ecke zur Südallee oberhalb der Wurzel wegknickt und auf die Moseluferstraße kracht. Glücklicherweise ist in diesem Moment dort kein Fußgänger unterwegs. Ein vorbeifahrendes Auto wird von Ästen gestreift und beschädigt. Schadenshöhe: rund 2000 Euro. Die Polizei sichert die Unglücksstelle ab.
Wenig später ist ein Trupp des Tiefbauamtes da, um per Motorsäge die Verkehrswege wieder freizumachen. Um 11.20 Uhr erinnern nur noch Sägemehl-Spuren und auf dem Grundstück zusammengetragene Äste und Stamm-Teile daran, dass hier beinahe eine Katastrophe passiert ist. Ausgelöst durch eine morsche Weide, deren Stamm, wie sich jetzt zeigt, im oberen Bereich bereits völlig ausgehöhlt war. Möglicherweise hat ihr das stürmische Wetter der vergangenen Tage den Rest gegeben.
Besitzer der 1873 erbauten und unter Denkmalschutz stehenden Villa ist Nguyen Van Thoai. Vor zehn Jahren hat der Mathematikprofessor der Uni Trier das Haus gekauft und wohnt seither mit seiner Familie in dem moselseitigen Gebäudeteil. Jetzt ist er, "sehr geschockt, aber auch glücklich, dass kein Mensch zu Schaden gekommen ist. Ich hätte nie gedacht, dass der Baum eine Gefahr darstellt. In jeder Jahreszeit hat uns sein Anblick erfreut, besonders im Sommer, wenn er so schön grün war", sagt Thoai. An mehreren Stellen seines Grundstücks hat er exotische Gewächse gepflanzt, darunter einen Kaki.
Der dreigeschossige Winkelbau beherbergt zur Südallee hin den Kinderhort Barbara in Trägerschaft der Trierer Initiative für Arbeitslose. Der Baumbestand auf dessen Freigelände, zu dem auch ein Spielplatz gehört, sei kürzlich vom städtischen Grünflächenamt begutachtet und für standsicher befunden worden, berichtet Hortleiter Hans Maintz-Stadler (57). Für die 50 Kinder, die in seiner Einrichtung betreut werden, habe die jetzt umgestürzte Weide keine Gefahr dargestellt. "Wir kommen und gehen immer aus und in Richtung Barbarathermen. Die viel befahrene Moseluferstrecke meiden wir grundsätzlich."
Ob das glimpflich ausgegangene Unglück Ermittlungen nach sich ziehen wird, ist noch nicht klar, hieß es gestern auf Anfrage aus dem Polizeipräsidium. Fest steht, dass Grundstücksbesitzer Thoai vom Tiefbauamt eine Rechnung für das Zerlegen des auf die Straße gekippten Baumes erhalten wird.
Grundsätzlich hat ein Grundstückseigentümer dafür zu sorgen, dass von seinem Gelände keine Gefahr ausgeht. Er hat Vorkehrungen zu treffen, damit Bäume stabil und standsicher sind und bleiben. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, dann kann er für Schäden etwa durch Umsturz oder herabfallende Äste haftbar gemacht werden.
volksfreund.de/fotosExtra

22. November 2012: Im Rautenstrauch-Park (nähe Hauptmarkt) bricht ein kranker Kastanienbaum am Fuß ab und stürzt auf die Wilhelm-Rautenstrauch-Straße. Er begräbt zwei Passanten unter sich: Eine 70-Jährige stirbt, ein Jurist (59) erleidet schwere Knochenbrüche. Der Prozess endet mit einem Schuldspruch. Der für die Zweitkontrolle auffälliger und kranker Bäume zuständige Mitarbeiter des städtischen Grünflächenamtes wird wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 4800 Euro verurteilt, in zweiter Instanz wird die Strafe auf 1500 Euro reduziert. rm.

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