Lebe lieber ungewöhnlich - Trierer Künstler Roland Grundheber bringt erstes Buch heraus

Trier · Maler, Karikaturist, Clown, Kabarettist, Buchautor: An Ideen mangelt es dem Trierer Roland Grundheber nicht. Den Mut, die Sicherheit aufzugeben und das alles zu seinem Beruf zu machen, musste er allerdings über Jahre ansammeln - mitunter auch auf die harte Tour. Am Sonntag öffnet er sein Atelier.

Trier. Wenn die eigenen Augen im Gespräch schon nach kurzer Zeit umherwandern, statt ihm ins Gesicht zu blicken, dann hat das nichts mit Langeweile oder mangelndem Respekt zu tun. Eher mit Ablenkung, verursacht von vielen kleinen Klecksen auf seiner Kleidung und den Händen. Farbtupfer, die auf- und abhüpfen, wenn er seine Worte mit seinen Händen unterstreicht. Und das tut er oft. Wenn er sich erinnert, erklärt oder - selten nur - auch mal echauffiert.

Auch sonst bietet das Atelier von Künstler Roland Grundheber (58) in Trier-Ehrang allerhand Zerstreuung: große, bunte, aber auch kleine, in der Farbgebung zurückhaltende, melancholische Bilder. Pinsel, unendlich viele Pinsel, künstlerisches Chaos und einen Spruch an der Wand, der da lautet: "Ideen sind Kapital. Alles andere ist nur Geld." Während der Idealist auf der linken Schulter dieses Bonmot ins Ohr flüstert, wirft der Realist von rechts ein: Aber wann hat Kreativität allein dir zuletzt den Kühlschrank vollgemacht?

Einen Job, der satt macht, den hatte er 38 Jahre lang. Bis er es satt hatte. "Mit 14 sagte mein Vater zu mir: ,Junge, du gehst zur Bahn, dann bist du gut dran.' Damals hat man nicht widersprochen." Regelmäßiges Einkommen, Sicherheit, die Familie samt der vier Kinder gut versorgt. Nur die Freude, die Entfaltung, die tiefe innere Zufriedenheit blieben auf der Strecke - bei jedem Weg zum Ehranger Werk und bei jeder rangierten Lok mehr und mehr. "Irgendwann ging es einfach nicht mehr. Und mit Sicherheit ist Sicherheit keine Sicherheit für ein gutes Leben."

Zuvor schob er Doppelschichten: Job hier, berufsbegleitendes Studium (Kommunikatonsdesign, Kunst, Karikatur) da - unter extremen Bedingungen: "Nachtschicht bis 6 Uhr, danach habe ich bis 11 Uhr im Keller neben der Kartoffelkiste auf einer Spanplatte gezeichnet. Manchmal bin ich einfach dabei eingeschlafen." Aber - und das ist vielleicht eine seiner größten Stärken - auch daraus kann er eine amüsante Anekdote ziehen: "Ich habe aus dem Kohlefenster ja nur einen kleinen Ausschnitt der Straße gesehen. Aber ich kann jeden Ehranger an seinen Waden erkennen."

Andersherum sind es aber längst nicht mehr nur die Ehranger, die ihn an seinen Bildern, Karikaturen oder bisweilen auch der Clownsnase (aber ganz ohne Horror) erkennen. Dank seinem ersten Buch "Weis(s)heiten", das er gerade veröffentlicht hat, dürften es noch ein paar mehr werden. Der Protagonist: ein Schneemann, geschaffen aus Tusche, Aquarellfarbe, Herzlichkeit, Einfallsreichtum und ganz viel Lebenslust. Auch die Texte stammen aus Grundhebers (mitunter spitzer) Feder, die einzelnen Episoden sind überschrieben mit Begriffen wie Aufbruch, Loslassen, Einsamkeit oder sich finden. Und so bleibt am Ende (das an dieser Stelle nun wirklich nicht verraten werden kann) "die Hoffnung, dass es weitergeht. Dieses Buch soll sich gegen die destruktiven Gedanken in unseren Köpfen stellen." Von Seite zu Seite wird offensichtlicher, dass Grundheber ganz viel von sich selbst in seinen findigen Hauptakteur gemalt und geschrieben hat. Und zwar nicht nur die positiven Erlebnisse. Zum Beispiel, wenn es um Betrunkene geht, die sich nach durchzechter Nacht zweifelhafte Späße mit dem Schneemann erlauben. "Ich hatte in meiner Familie viel mit Alkoholismus zu tun und trinke deshalb auch keinen."

Es wird sich ein anderes Getränk finden lassen, mit dem er auf sein Buch - er nennt es liebevoll sein Baby - anstoßen kann. "Es ist ein Teil von mir." Sein Blick fällt auf einen kleinen, weißen Farbklecks auf seiner Hand, den er lachend wegreibt. "Der Vorteil ist, dass das Büchlein nachts nicht schreit und ich es nicht wickeln muss."

"Weis(s)heiten" ist für 14,90 Euro im Trierer Buchhandel, im Bio-Fachbedarf (Karl-Marx-Straße), in seinem Atelier und beim Internethändler amazon.de erhältlich.Extra

 Von einem Schneemann, der auszog, den Frühling zu erleben: Alle Zeichnungen und Texte in seinem Buch stammen von Roland Grundheber. TV-Fotos (2): Rebecca Schaal

Von einem Schneemann, der auszog, den Frühling zu erleben: Alle Zeichnungen und Texte in seinem Buch stammen von Roland Grundheber. TV-Fotos (2): Rebecca Schaal

Foto: (h_st )
Lebe lieber ungewöhnlich - Trierer Künstler Roland Grundheber bringt erstes Buch heraus
Foto: (h_st )

Tag des offenen Ateliers: An diesem Sonntag, 30. Oktober, öffnet Roland Grundheber sein Atelier in der Ehranger Straße 150 ab 14 Uhr für alle Interessierten. Neben seiner Kunst gibt's Musik von Patrick und Tom. Der Eintritt ist frei. Weitere Termine: Noch bis Januar 2017 sind Werke von Grundheber in der Karlsmühle (Mertesdorf) zu sehen. Am Sonntag, 20. November, gibt es dort ab 16 Uhr eine Midissage. Am Freitag, 16. Dezember, steht Grundheber mit seinem Comedy-Programm "Ich bin so, wie ich spinn" auf der Tufa-Bühne. Karten gibt es unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996, im TV-Servicecenter Trier oder im Internet unter www.ticket.volksfreund.de bec

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