"Mein Trier, wie lieb' ich dich!"

Er war ein aus Luxemburg stammender jüdischer Kaufmann, aber auch "Heuschreck'scher Hofpoet" und Trierer Heimatdichter: Louis Scheuer. Über Jahrzehnte hat er Menschen weit über die Grenzen von Trier hinaus mit seinen Revuen, Liedern und Lustspielen begeistert, bis er vor den Nazis fliehen musste.

 Louis Scheuer. Foto: privat

Louis Scheuer. Foto: privat

Trier. (QO) Es war die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die Zeit der großen Revuen. Am 29. Januar 1924 strömten die Trierer ins "neue Theater", um die Uraufführung der Revue "Mein Trier, wie lieb' ich dich!" von Louis Scheuer mitzuerleben. Sie wurde ein sensationeller Erfolg: "Alte Mütterchen und Trierer, die niemals weder Theater noch Konzerte noch Kino besuchten, waren 30 Mal und öfter in dieser Revue", erinnert sich die "Trierische Volkszeitung" 1946. Tausend Besucher seien täglich ins Theater geströmt, 43 Mal sei die Revue dort gezeigt worden. "Noch heute summen alle, die die Revue sahen, ihre Schlager mit."

Zahllose Revuen, Lieder, Gedichte, Schau- und Lustspiele gehen auf das Konto eines Mannes: Louis Scheuer. Vor fünfzig Jahren starb das künstlerische Trierer Multitalent, dem eine "brillante und geschliffene Feder" attestiert wurde.

1872 in Luxemburg geboren, lebte der jüdische Kaufmann ab 1894 in Trier. Bald eröffnete er in der Fleischstraße eine kaufmännische Handelsschule. "Sie besaß in Trier einen sehr guten Ruf", berichtet Jutta Albrecht, die sich in ihrer Examensarbeit über die Arisierung jüdischer Gewerbebetriebe in Trier während der Nazizeit befasst hat.

Ebenfalls ab 1894 habe er die Bühne von Triers ältester Karnevalsgesellschaft Heuschreck betreten. "Schnell wurde sein außergewöhnliches schauspielerisches, dramaturgisches und kompositorisches Talent offenbar, und fast 40 Jahre lang stellte Scheuer seine Fähigkeiten in den Dienst des Vereins." Er entwarf Plakate, schrieb eine Festschrift zum 80-jährigen Jubiläum des "Heuschreck" 1928, und seit 1900 produzierte er jährlich für Karneval eine abendfüllende Revue zu einem Trierer Thema. "Scheuer verband das Aktuelle mit dem Trierischen zu einer einmaligen Mischung", stellt der TV vom 14. Februar 1953 fest. Die heimatliebenden Trierer habe er "mächtig bewegt".

Gustl Thormeyer, Ehrenpräsident der KG Heuschreck, berichtet: "Seine Revuen waren das A und O. Die Menschen, die sie miterleben konnten, haben immer wieder von den Liedern geschwärmt." Bedauerlicherweise sei im Archiv der Karnevalsgesellschaft kaum Material von Scheuer vorhanden. So gilt etwa die Musik zu "Mein Trier, wie lieb' ich dich!" als verschollen.

Weit über Trier hinaus war der Autor und Komponist erfolgreich: Seine Stücke wurden in deutschen Städten, aber auch in Luxemburg, Straßburg, Amsterdam, Polen und New York aufgeführt. Auf 1300 Aufführungen brachte es sein Stück "Der Klapperstorch fliegt", unter anderem wurde es im Millowitsch-Theater Köln gezeigt. 1934 wurde der damals 62-Jährige von den Nazis aus dem deutschen Kulturkreis ausgeschlossen, zwei Jahre später musste er nach Frankfurt fliehen, wo er bei einem Luftangriff im März 1944 sein gesamtes Hab und Gut verlor. Er starb am 12. Dezember 1958, ohne sein geliebtes Trier jemals wieder gesehen zu haben.

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