Nächster Halt: Konzer Platz

Ankunft in Berlin-Frohnau. "Jott-We-De" sagen die Berliner, was so viel bedeutet wie "janz weit draußen". Als die Mauer noch stand, war hier das Ende der Welt, zumindest das des Berliner Westens. Vom Ausgang des S-Bahnhofs gelangt man auf den Zeltinger Platz, gesäumt von einigen kleinen Läden und der evangelischen Johanneskirche. Straßen mit alten Bäumen und Kopfsteinpflaster führen sternförmig in den Villen-Vorort. "Wissen Sie eigentlich, wo Zeltingen liegt?" "Keine Ahnung", antwortet eine wartende Frau an der Haltestelle, "aber fragen Sie mal meinen Mann." Der Gatte weiß Bescheid: "Das liegt im Moselland. Dort haben wir schon viele schöne Weinproben gemacht." Dann steigt er mit seiner Frau in den Bus ein. Nächste Haltestelle: Konzer Platz.Mosel und Wein, so wird bei der kleinen, nicht repräsentativen Umfrage deutlich, genießen auch in der Hauptstadt einen guten Ruf. In der Trarbacher Klause fließt dagegen vor allem einheimisches Bier aus dem Zapfhahn. Sie liegt in der gleichamigen Straße in Weißensee, im sogenannten Moselviertel. Überraschend viele Straßen sind hier nach Orten in der Region Trier benannt.Die Caseler Straße verrät durch ihre Schreibweise, dass die meisten Namen in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vergeben wurden. Später, zu DDR-Zeiten, hätten wohl nicht unbedingt Städte und Dörfer aus dem äußersten Westen der Bundesrepublik Pate gestanden. Überdauert haben die Bezeichnungen dennoch bis heute.Über den Ruwersteig zur Kürenzer Straße

"Bern-Stein" heißt der Imbiss um die Ecke, der seinen wohlklingenden Namen nicht dem Ostseegold verdankt, sondern der Bernkasteler Straße, in der er sich befindet. Juwelen der Kochkunst sucht man hier zwischen Supermarkt und Straßenbahndepot ebenfalls vergebens - die Bockwust ist billig, das Brötchen pappig. Hier beginnt ein Wanderweg, der zur Piesporter Straße führt. Dort liegt auf der rechten Seite der evangelische Friedhof, links - zur Wittlicher Straße hin - der jüdische. Spuren religiösen Lebens finden sich auch in Frohnau. Am Anfang der Enkircher Straße liegt das buddhistische Haus, das 1924 gegründet wurde und als ältester buddhistischer Tempel in Europa gilt.Ortswechsel nach Marzahn. Bekannt ist der Bezirk vor allem als größte Plattenbausiedlung der DDR, doch im südlichen Teil zwischen Ausfallstraße und Eisenbahnkreuz dominieren Einfamilienhäuser und Kleingärten. Über den Ruwersteig geht es zur Kürenzer Straße.Vor einem der Häuser parkt ein PKW mit Mayener Kennzeichen. "Wir sind aus Andernach hierher gezogen", sagt die Fahrerin. Da ist es nicht verwunderlich, dass ihr die Namen der Orte an der Mosel vertraut sind. Doch auch die Alteingesessenen wissen Bescheid. In seinem Vorgarten werkelt ein älterer Mann in blauer Latzhose, unüberhörbar Ur-Berliner. "Ick habe mein janzet Leben hier jewohnt, in der Moselecke", erzählt er. Dass allerdings Kürenz kein selbstständiger Ort mehr ist, sondern ein Stadtteil von Trier, "dit hab ick nich jewusst". Und noch etwas war ihm unbekannt: dass er der Namensvetter eines bekannten Trierers ist. Fast jedenfalls. Der Mann heißt Klaus-Peter Jensen. Daniel John Extra Berliner Straßennamen aus der Region: Weißensee: Graacher, Wehlener, Trarbacher, Neumagener, Bernkasteler, Trierer, Caseler, Piesporter, Wittlicher, Kelberger und Bitburger Straße, Dasburger und Kyllburger Weg, Waxweilerweg; Marzahn: Ruwersteig, Kürenzer, Kröver und Reiler Straße, Klüsserather Weg; Frohnau: Wiltinger, Minheimer, Zeltinger, Mehringer und Enkircher Straße, Konzer Platz; Wilmersdorf: Gerolsteiner Straße; Lankwitz: Saarburger, Bernkastler, Scharzhofberger und Graacher Straße; Grunewald: Trabener und Erdener Straße; Friedenau: Moselstraße, Saarstraße. (daj)

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