"Rettet das Südbad!"

TRIER. Seit Jahren hängt drohend das Damoklesschwert über dem maroden Südbad. Wann der Faden reißt – respektive die Wasserrohre brechen – ist nur eine Frage der Zeit. Dann muss das Freibad, das jährlich rund 200 000 Badegäste hat, schließen.

Erst in der langen Schlange vor der Kasse anstehen. Die lädierte Beton-Treppe hinunter. Unten rücken Senioren mit beigen Sonnenhüten Schachfiguren hin und her. Weiter rechts schlafen Kleinkinder im Schatten der Bäume, während Mütter in Kühltaschen wühlen. Es riecht nach Chlor, nach gemähtem Gras, Sonnenmilch und Pommes. Fröhlich-laute Kinderstimmen schallen aus dem Nichtschwimmerbecken. Zur Sehen-und-gesehen-werden-Wiese geht es unter der Riesen-Rutsche durch. Der Hang gleicht einer voll besetzten Tribüne. Dicht an dicht nebeneinander haben Hunderte das große Becken im Blick. Darin ziehen Schwimmer ihre Bahnen. Mädchen sonnen sich am Beckenrand, Furchtlose stehen scharenweise auf dem Zehn-Meter-Turm. Unten schubsen sich Halbstarke ins kühle Nass. Ein Besuch im Südbad gehört für abertausende Trierer zum Sommer wie Glühweintrinken auf dem Weihnachtsmarkt zum Advent. Doch mit dem Vergnügen für Kinder, Jugendliche, Familien, Studenten, Senioren und Sportler könnte es bald vorbei sein: Ein halbes Jahrhundert alt sind Rohrsystem, Umwälzpumpen und Filteranlage des Freibades. Seit 1990 werden von Saison zu Saison unterirdische Schäden notdürftig geflickt. "Treten großflächige Brüche auf, können wir das Wasser nicht mehr aufbereiten und müssen sofort schließen", sagte Sportamts-Leiter Robert Kufs im Sommer 2004 dem TV. Saniert wurde das Rohrsystem seitdem nicht. "Irreparabele Schäden sind nicht auszuschließen. Dann muss der Betrieb eingestellt werden", heißt es pünktlich zur heutigen Eröffnung des Bades aus dem Sportamt. An Spitzentagen strömen in das Freibad rund 9000 Badegäste, insgesamt kamen im "Wüstensommer" 2003 etwa 248 000 Schwimmer. "Das Südbad ist unverzichtbar", bestätigt Sportdezernent Georg Bernarding. Das Bad diene nicht nur dem Wassersport, sondern erfülle "das soziale Bedürfnis großer Bevölkerungsschichten". Eingeplant sind im städtischen Verwaltungshaushalt für die bauliche Unterhaltung des Süd- und Nordbads allerdings nur 55 000 Euro - mindestens das Zehnfache wäre alleine für die Sanierung und den damit abgesicherten Betrieb des Südbads nötig. "Bei einer Sanierung müsste das komplette Rohrsystem inklusive Umwälzpumpen und Filteranlage ausgetauscht werden", heißt es aus dem Sportamt. Die "Einstellung entsprechender Finanzmittel in den städtischen Etat" sei jedoch bisher "nicht zu realisieren" gewesen. Eine Anfrage nach Zuschüssen an das Land sei 1999 abgelehnt worden, im vergangenen April jedoch eine neue Anfrage nach Mainz gegangen. "Der Ausgang der Verhandlungen ist nicht vorhersehbar", sagt Bernarding. Das Nordbad bietet bei einer Schließung des Südbads keine Alternative: Maximal 2700 Besucher täglich kann die an der Mosel gelegene Freibadanlage verkraften. "Immer werden unsere Bitten um die Sanierung des Südbades mit der Antwort abgespeist, es sei kein Geld da", sagt Klaus Wagner. "Dabei scheint für den Profisport immer genug übrig zu sein", ärgert sich der Vorsitzende der SPD in Heiligkreuz über das Verhalten Bernardings. "Wo sind die Millionen geblieben, die bis vor wenigen Tagen noch für die Finanzierung eines neuen Stadions kein Problem waren?" Wie sehr den Trierern "ihr" Südbad am Herzen liegt, wurde beim Heiligkreuzer Schulfest am vergangenen Wochenende deutlich. "Der Zustand des Südbads sprach sich rum wie ein Lauffeuer", erzählt Rüdiger Rauls. Schnell entstand aus der ursprünglichen Unterschriftenaktion die Bürgerinitiative "Rettet das Südbad!" (siehe Interview). "Die Schließung des Südbades würde eine schmerzliche Lücke für Jung und Alt hinterlassen und die Stadt um ein unverzichtbares Stück Lebensqualität ärmer machen", sagt Mitinitiator Rauls.

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